Mittwoch, 19. Oktober 2011
Szenen einer Lebensgemeinschaft
nach 20 stunden arbeit verteilt ueber 2 tage kehrt die frau in die komplett zerbombte wohnung zurueck und ueberbrueckt die zeit, bis mann und kind vom kindergarten kommen, mit waesche sortieren, kuechenoberflaechen freilegen, gehschneise im wohnzimmer graben, unfaelle im bad beseitigen und noch mehr waesche machen (warum man alle kinderoberbekleidungsstuecke, die im stapel auf dem liegen, welches man gerne anziehen moechte, auf den dreckige-waesche-haufen vor dem schrank, der da auch nicht hingehoert, wirft, ist mir nicht klar, besonders, weil das maennerwerk ist, nicht kinderwerk, aber das nur am rande). als die herren eintreffen, ist die stimmung angespannt. um 22 uhr beschliesst der mann dann, dass er jetzt auch mal was zum haushalt beitraegt und faengt an zu kochen. die frau liegt im bett und liest. dann geht der stabmixer an. der stabmixer? ja. im kuehlschrank war ja noch ein hokkaido, den die frau morgen zu nudelsosse verarbeiten wollte, aber warum sollte man einen rohen kuerbis puerieren wollen? der stabmixer mixt 20 minuten lang unermuedlich, das schlafzimmer riecht schon nach kabelbrand, und die frau kann auch den tausendsten impuls, in die kueche zu rennen und zu bruellen: "warum puerierst du einen rohen kuerbis???" abwenden. irgendwann verstummt der mixer, und sie hoert ein "hmmmmm". zeit, mal aufs klo zu gehen.

auf der anrichte liegt ein kochbuch mit einem rezept fuer kuerbissuppe. schon vom flur aus sieht die frau aus dem augenwinkel, dass sich in diesem haushalt ausser dem besagten, inzwischen roh puerierten kuerbis keine einzige benoetigte zutat befindet. stolz berichtet der mann: "ich koche suppe". die frau sagt nix, geht aufs klo, kommt zurueck, scannt das rezept und deutet vorsichtig an, dass man vielleicht erst den kuerbis haette kochen sollen. naja, das sei ja egal, er mache das jetzt so rum. ach so. auf dem herd kocht der mann gerade etwas auf, was aus der ferne an bruehe mit kokosmilch und rotem curry erinnert. nicht schlecht soweit. vorsichtig fragt die frau, ob er den kuerbis jetzt, wie vom rezept unverbindlich vorgeschlagen, in der bruehe anbraten will und dann mit luft aufgiessen, oder doch eher nicht. ach so, nee, das wuesste er noch nicht. er gucke gleich mal in das buch. er koche jetzt erstmal die bruehe.

die frau verabschiedet sich, legt sich ins bett und beschliesst, morgen einfach den noch rumliegenden butternut kuerbis zu nudelsosse zu verarbeiten. dann schreibt sie eine kleine geschichte auf. als sie gerade findet, das sei ein guter letzter satz, hoert sie aus der kueche den mixer. man fragt sich.

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...das schlafzimmer riecht schon nach kabelbrand...

Ich piss mir in die Hosen vor lachen.
Obwohl ich nur noch 1 Nachthemd trage.

Gute N8. Und guten Hunger. :o]

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Diese Suppe wird sicherlich sehr ... interessant schmecken - wenn sie denn jemals fertig wird.

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muhaha. ick weiß schon, warum ich single bleibe! ;)

(weil ich nicht möchte, dass man(n) solche geschichten eines tages über meine hausfraulichen kenntnisse bloggt. ;) obwohl ich hinzufügen muss, dass ich ganz hervorragend kürbissuppe kochen kann.)

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Hehe... gefällt mir. Männer würden aber vermutlich darüber nicht bloggen. Vermutlich hätte sich Mann nur gefragt, warum Frau nicht endlich ins Bett kommt. Wegen des Mixers hätte Mann sich eher nicht den Kopf gemacht (ganz höchstens, wenn die Frau ihn schon seeeehr lange alleine im Bett gelassen hat, hätte er Kopfkino dazu eingeschaltet *grins*).

@Herzbruch: Da will ich dann doch heute noch lesen, was Du aus dem Kürbis gezaubert hast (sagtest Du nicht am Freitag, dass der Mann keinen Kürbis mehr sehen kann? Siehste... alles nur für Dich... };-) ).

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ich kaufe einfach stur weiter kuerbisse. ich steh drauf, kind steht drauf, das sind 66 prozent, reicht.

und im kuehlschrank steht suppe, die sogar ganz gut aussieht. ich denke, die gibt es heute. ich bin bereit zu sagen, dass man kuerbissuppe auch aus pueriertem kuerbis kochen kann. wenn man viel zeit und einen guten mixer hat.

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Kein Wunder, wenn so neumodisches elektrisches Zeug in der Küche rumliegt. Mit unserem Handstampfding käme niemand auf die Idee, rohe Kürbisse zu traktieren.

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ich bin ein freund des technischen fortschritts, aber in dem fall waeren sie besser drangewesen.

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Sie
sollten eher die Vorteile sehen: pürierter, roher Kürbis enthält noch alle Vitamine, da diese nicht verkocht wurden. Per Elektroschock hingerichtet, ja, vielleicht, aber nicht verkocht!

(Ich bin in solchen Situationen ja eher derjenige, der sich auf fertige Nahrung beruft, wie Erdnüsse, Kartoffelchips oder Gummibärchen. Dann droht mir auch keine Familienkrise wegen sinnloser Zerstörung von Rohstoffen)

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Vermutlich ist das der Grund, warum Köche fast immer männlich sind.
Sie sind sowohl zeitlich als auch materialmäßig völlig unangepasst. Sie würden nie das tun was andere tun. Einfach um halb eins Suppe für alle zu machen ist ihnen zu anspruchslos.

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Da hamse ja noch Glück gehabt. Mein Mitbewohner ist noch schlimmer. Inzwischen kann er einigermaßen Béchamelsauce mit Tomatenmark kochen - also natürlich nur so, dass die Mengen nie richtig hinhauen und das auch immer was anbrennt und ich weiß nicht, wie oft ich runtergebetet habe, dass Nudeln und Sauce gleichzeitig fertig sind, wenn man das Nudelwasser nicht immer erst dann auf den Herd stellt, wenn die Béchamelsauce bereits fertig ist. Andere Sachen, die mein Mitbewohner mit Essen anstellt, kann man gar nicht öffentlich schreiben, weil man dann wegen Gewaltverherrlichung indiziert wird. Selbst die Zubereitung von Fertiggerichten ist zu gefährlich (falls hier Leute mitlesen, die gerade ne Studie über Mangelernährung machen - ich hab hier ein 1a Versuchsobjekt!). Er schrubbt das Bad übrigens mit Scheuermilch und war erstaunt, wofür wir Badreiniger gekauft haben.

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kuerbis plus Kürbis macht noch keine Suppe
Wieder mal so eine unnachahmlich, herrlich geschriebene Lebensszene!
Kleine Fragen: gibt es nicht viel extra Arbeit alle Umläute zu vermeiden? Und ist die Abneigung zu kapitalen Buchstaben auch erblich vorgegeben?
Gruß, T.

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Ich lese sowas ja immer gerne,
gibt es mir trotz meines beschränkten Koch-Repertoires und meiner ausbaufähigen Hausmann-Skills doch das Gefühl, ein ziemlicher Checker auf diesem Gebiet zu sein.

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Holadihü, Tschinderassa bumm!
Na, der Leidensgenosse hatte wohl eher Freude am Experiment als Hunger. Nur ich frage mich, wozu hat er das Kochbuch bemüht? Zum Experimentieren braucht's des net ...

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Herr-lich!
(hat's denn geschmeckt?)

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Männer und Kürbisse - keine Lebensgemeinschaft
Eine Frage des Blickwinkels, bzw jenes Überblicks, den Frauen offensichtlich öfter an Tag legen (auch um 22 Uhr noch). Männer arbeiten die Zeilen des Kochbuchs ab. Ihr scheinbar singuläres Tun - lassen Sie es uns mal lieber nicht Handeln nennen - unterliegt aber dem Unterbewußten, dem was wir bei Männern das Gefühl nennen. Und da ging es um den faltigen Libyer und den unangenehmen Beigeschmack, den Mord nun mal hat. Ich glaube es handelt sich um eine Kürbishinrichtung und nicht gekocht, weil es am lebendigen Leibe geschehen muss. Eine Frage des Blickwinkels: wer wegsieht bleibt viel entspannter.

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