Freitag, 30. Januar 2015
9 Monate nach Ausstieg
im job bin ich derzeit am anschlag. dinge überschlagen sich, jeden tag mindestens eine richtungsweise vollkatastrophe, die kompetent und ohne hysterie durchstanden werden muss, und verantwortung für budget und leute, wie ich es in der form noch nicht hatte. 2 tage in der woche bis 22h im büro (da kommt es ganz gelegen, dass die gratisgetränke kaffee, tee, wasser und bier sind), und der puls ist im schnitt sehr hoch. abends muss ich reden, auch wenn keiner zuhört, nur, um den tag zu verarbeiten.

so, das klingt alles schlimm. aber ich muss sagen: so funktioniere ich am besten. und so funktioniert mein kopf am besten. der läuft im moment in dauerbetrieb, immer 4 dinge gleichzeitig. aber so soll es sein. ich vermisste ja schon von anfang an nix aus dem wissenschaftssystem, habe jetzt aber die drei hauptkomponenten identifiziert, die doof waren und jetzt weg sind, neben wenig kohle, fahrerei und scheißsystem, natürlich:

1) ich habe 6 jahre lang studiert (damals ging das noch) und 13 jahre im system gearbeitet, von wissenschaftlicher hilfskraft bis professor, und immer, wirklich immer muss man noch lernen. man muss jeden einzelnen tag artikel lesen, nicht, weil sie einen interessieren, sondern weil man eben auf der höhe der zeit sein muss, zumindest in einer disziplin, die irgendwas mit computer- ist. ich bin also quasi von 6 bis 38 in dauerausbildung gewesen, nur um probleme zu lösen, die nicht wirklich weltrelevant sind. das führt zu 2.

2) ich muss mir nicht mehr nonexistente theoretische probleme ausdenken, um sie anschließend in den nächsten 4 jahren zu lösen. ich komme jetzt morgens ins büro und habe dann realexistente probleme. mal mehr, mal weniger. da ich nur noch steuernd arbeite, eigentlich aber immer mehr. manchmal hat man 5 min nach arbeitsantritt ein problem, das 130 leute betrifft, das muss dann gelöst werden, einfach nur, weil es gar keine alternative gibt. und das ist sehr befriedigend. denn das problemlösen, das habe ich ja 19 jahre lang gelernt. (scheiße. 19 jahre uni, das darf man auch nicht laut aussprechen).

3) ich habe jetzt feierabend. gut, manchmal später, als ich mir das so gewünscht hätte, aber zum ersten mal seit der schulzeit gehe ich freitagsabends irgendwo raus und freue mich auf das wochenende. die 19 jahre davor hatte ich zwar auch wochenenden, man musste ja aber immer noch alles machen. siehe 1. und nicht, dass ich jetzt 19 jahre jedes wochenende was gemacht hätte, ich hatte aber jedes wochenende ein schlechtes gewissen. diss oder habil geht auch sonntags. heute habe ich um 19 uhr feierabend gemacht, und dann wäre auch feierabend gewesen, doch ich habe doch tatsächlich noch freiwillig eine stunde recherchiert, da am montag, wie soeben reinkam, eine dicke entscheidung ansteht, und wenn ich jetzt weiß, was ich am montag alles noch machen muss und wie schwierig das ist, dann kann ich beruhigt schlafen, und dann ist echt wochenende. und darüber kann ich mich dann freuen.

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