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Freitag, 4. Februar 2022
Weekender
herzbruch, 20:38h
Hoch die Hände, Wochenende (strenger Blick in Richtung Norden, Herr Buddenbohm, auch für Sie!). Ich habe diese Woche operativ sehr zielstrebig Sachen abgearbeitet, alles "Terminsachen", und nebenher emotional sehr anstrengende berufliche Entscheidungen vorangetrieben, das wird eventuell noch sehr, sehr schlimm, jetzt ist aber erst mal alles unschlimm, und wie das hier ja immer ist: Am Ende wird alles sehr gut ausgehen, und jetzt ist ja wie gesagt erst mal Wochenende.
Also sitze ich auf dem Sofa und mache Freizeit, zusammen mit meinem Kind. Wir gucken zusammen Fernsehen, jede*r mit mindestens zwei Endgeräten. Erst haben wir den Presseclub von Sonntag geguckt, dann das Phoenix Gespräch mit Bärbel Bas, und jetzt noch fix die Bundespressekonferenz von vorgestern, und dann habe ich so viel Entertainment erlebt, dass ich schlafen gehen kann.
Sie werden sich fragen, wieso ein Dreizehnjähriger mit seiner Mutter Presseclub, Interview mit der Bundestagspräsidentin und die Bundespressekonferenz guckt, und die Antwort ist einfach: Weil er es kann. Mein totaler Geheimtipp für zukünftige Eltern: Schaffen Sie bitte sofort den Fernseher ab, dann wird Ihnen viel Leid erspart. Natürlich guckt Ona all das, was ich gar nicht sinnvoll finde, auf einem IPad in seinem Zimmer, er ist vollständig informiert über alle Gangsterrapper der Welt, es ist alles in Ordnung, keine Entwicklungsauffälligkeiten. Da er aber das System "die Familie schaut fern" nie kennenlernen durfte und wie so ein ganz normales Kind immer davon träumte, macht er das jetzt natürlich mit großer Begeisterung. Und da meine Begeisterung für alles Disney exakt Null ist und er auch gelernt hat, dass ich ungern Dinge gegen meinen Willen tue, haben wir uns still und unausgesprochen darauf geeinigt, dass es eine kleine, wirklich kleine Schnittmenge an Dingen gibt, die wir wirklich zusammen gucken können, dazu gehört an Weihnachtsfeiertagen zum Beispiel das Traumschiff, aber nur mit dem alten Kapitän, oder heute abend, da gucken wir zusammen den Polizeiruf 110 vom letzten Sonntag, da der neue Kommissar, Andre Kaczmarczyk, ja unser gemeinsamer Lieblingsdarsteller vom Schauspielhaus ist (den Sandmann haben wir neulich coronabedingt abgesagt, Künstlers, mit denen wir hingegangen wären, haben den vorher schon zweimal gesehen und fanden ihn noch besser als Das Rheingold, was natürlich eigentlich nicht sein kann, aber bitte, ich hätte mich überzeugt und will mal ganz schwer hoffen, dass unter den 12 Leser*innen dieses Blogs auch jemand vom Düsseldorfer Schauspielhaus ist, und sollte das so sein: Ona und ich wollen den Sandmann noch sehen, es wäre wirklich praktisch, wenn der zum Beispiel im Sommer noch mal aufgeführt würde, danke), naja, jedenfalls: Wenn wir zusammen fernsehen wollen, dann wäre es mir sehr recht, wenn wir die Bundespressekonferenz gucken, und da das Kind ja eh Fifa spielt, ist das eigentlich auch sowieso egal. Wenn er sich Extraaufbleibezeit erschleichen möchte, sagt er: "Mama, sollen wir zusammen Tagesthemen gucken?" Meine Prognose für 2041: Ona wird Bundeskanzler, und sein erster Satz nach der Wahl wird sein: "Yo Digger, was geht?"
Hin und wieder - er hört natürlich dennoch zu - kommen dann Fragen, wenn man zusammen fernsieht, und obwohl ich heute eigentlich einen bösen Blogeintrag zum Thema Medienkritik in mir aufkeimen fühlte, möchte ich lieber kurz diese einmal inventarisieren:
1) Haben die nen Arsch auf?
Die anderen Fragen habe ich doch zensiert. Und die Alternative zur BPK ist ja das Dschungelcamp. Da muss man ehrlich mit umgehen.

Also sitze ich auf dem Sofa und mache Freizeit, zusammen mit meinem Kind. Wir gucken zusammen Fernsehen, jede*r mit mindestens zwei Endgeräten. Erst haben wir den Presseclub von Sonntag geguckt, dann das Phoenix Gespräch mit Bärbel Bas, und jetzt noch fix die Bundespressekonferenz von vorgestern, und dann habe ich so viel Entertainment erlebt, dass ich schlafen gehen kann.
Sie werden sich fragen, wieso ein Dreizehnjähriger mit seiner Mutter Presseclub, Interview mit der Bundestagspräsidentin und die Bundespressekonferenz guckt, und die Antwort ist einfach: Weil er es kann. Mein totaler Geheimtipp für zukünftige Eltern: Schaffen Sie bitte sofort den Fernseher ab, dann wird Ihnen viel Leid erspart. Natürlich guckt Ona all das, was ich gar nicht sinnvoll finde, auf einem IPad in seinem Zimmer, er ist vollständig informiert über alle Gangsterrapper der Welt, es ist alles in Ordnung, keine Entwicklungsauffälligkeiten. Da er aber das System "die Familie schaut fern" nie kennenlernen durfte und wie so ein ganz normales Kind immer davon träumte, macht er das jetzt natürlich mit großer Begeisterung. Und da meine Begeisterung für alles Disney exakt Null ist und er auch gelernt hat, dass ich ungern Dinge gegen meinen Willen tue, haben wir uns still und unausgesprochen darauf geeinigt, dass es eine kleine, wirklich kleine Schnittmenge an Dingen gibt, die wir wirklich zusammen gucken können, dazu gehört an Weihnachtsfeiertagen zum Beispiel das Traumschiff, aber nur mit dem alten Kapitän, oder heute abend, da gucken wir zusammen den Polizeiruf 110 vom letzten Sonntag, da der neue Kommissar, Andre Kaczmarczyk, ja unser gemeinsamer Lieblingsdarsteller vom Schauspielhaus ist (den Sandmann haben wir neulich coronabedingt abgesagt, Künstlers, mit denen wir hingegangen wären, haben den vorher schon zweimal gesehen und fanden ihn noch besser als Das Rheingold, was natürlich eigentlich nicht sein kann, aber bitte, ich hätte mich überzeugt und will mal ganz schwer hoffen, dass unter den 12 Leser*innen dieses Blogs auch jemand vom Düsseldorfer Schauspielhaus ist, und sollte das so sein: Ona und ich wollen den Sandmann noch sehen, es wäre wirklich praktisch, wenn der zum Beispiel im Sommer noch mal aufgeführt würde, danke), naja, jedenfalls: Wenn wir zusammen fernsehen wollen, dann wäre es mir sehr recht, wenn wir die Bundespressekonferenz gucken, und da das Kind ja eh Fifa spielt, ist das eigentlich auch sowieso egal. Wenn er sich Extraaufbleibezeit erschleichen möchte, sagt er: "Mama, sollen wir zusammen Tagesthemen gucken?" Meine Prognose für 2041: Ona wird Bundeskanzler, und sein erster Satz nach der Wahl wird sein: "Yo Digger, was geht?"
Hin und wieder - er hört natürlich dennoch zu - kommen dann Fragen, wenn man zusammen fernsieht, und obwohl ich heute eigentlich einen bösen Blogeintrag zum Thema Medienkritik in mir aufkeimen fühlte, möchte ich lieber kurz diese einmal inventarisieren:
1) Haben die nen Arsch auf?
Die anderen Fragen habe ich doch zensiert. Und die Alternative zur BPK ist ja das Dschungelcamp. Da muss man ehrlich mit umgehen.
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Mittwoch, 2. Februar 2022
Schrödingers Corona (geklaut)
herzbruch, 23:38h
Wann immer ich ein neues Konzept kennenlerne, scheue ich ja keine Mühen, es sofort zur Anwendung zu bringen. Gestern weihte Frau N mich in das Konzept "Schrödingers Corona" ein, und hurra, da spiele ich direkt mit. Mein Kind sowieso, es ist ja sehr kompetitiv. Runs in the family. So kam er gestern nach Schule mit Vertretung und Schwimmen (Vertretung, so lernte ich, ist anstrengender als Unterricht, weil man ja die Zeit nicht umkriegt, und manchmal darf man Handy, aber dann hat man Akku, es ist alles sehr anstrengend) und 4 Stunden Handballtraining (D Jugend und C Jugend, wer doppelt spielen will, muss auch doppelt trainieren, hier kann so ein Kind viel lernen) nach hause, war blass, schlapp, müde und nölig. Wenn er sich ganz stark konzentrierte, konnte er nicht hundertprozentig ausschließen, dass er Halsschmerzen hätte. Ich habe das hinterher im Bett überprüft. Ich kann durch reine Konzentration einen theoretischen Schmerz an den meisten Körperteilen visualisieren, naja, das ist das falsche Wort. Aber wenn ich lange genug in mich hineinhorche, ob mein Bauch wehtut, dann kann es problemlos eine Millisekunde im Beobachtungszeitraum geben, an dem ich denke "Ah. Da. Siehste? Bauchweh." Mein Kind kann das mit Halsweh.
Ich habe mich dann getestet, Kind auch, Kind noch mal in der Schule, Mann auch, alle getestet, alle negativ, aber jetzt haben wir alle irgendwelche Symptome aus irgendwelchen Formenkreisen, die uns alle drei zu dem Entschluss kommen lassen: Hier hat niemand Husten, aber naja, man weiß ja nie, ist ja Pandemie.
Ein Nachteil der dekadenlangen Pandemie ist nämlich, dass man ja nicht mehr krank wird. Also so viral oder bakteriell bedingt. Innen ist in Monat 24 alles kaputt. Aber außen fühle ich mich fast jungfräulich. Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob ich nicht vielleicht einfach überhaupt nie mehr rausgehe, dann kann ich mich auch nie mehr mit irgendwas anstecken. Mein Kind müsste dann entscheiden, ob es immer draußen oder immer drinnen sein wollen würde. Wenn ich mal so überlege, kommt in 13 Jahren Kind schon ordentlich was zusammen. Rotaviren, Noroviren, Scharlach, Streptokokken, Pfeiffersches Drüsenfieber. Da war sicher noch mehr, aber die sind mir lebhaft in Erinnerung. Ich verfüge leider auch nicht über Onas Pferdenatur. Scharlach, zum Beispiel, da war er 5 und sonntags strichen wir sein Kinderzimmer in Nemofisch Farben. Er hatte ein wenig Halsweh (echt), legte sich morgens ins Elternbett, ließ ein paar Bakterien da, schlief sich aus und war abends wieder fit. Ich kriegte 2 Tage später 40 Grad Fieber, habe es kaum zum Arzt geschafft, lag dann eine Woche hoch fiebrig und gefühlt fast sterbend im Bett, konnte nach einer Woche aufstehen und duschen, die Dusche war praktisch neben dem Schlafzimmer, musste dann vor Erschöpfung eine weitere Woche schlafen. Pfeiffer war ähnlich, nur noch nachhaltiger.
Wenn wir mal den Fokus auf die wirklich guten Dinge einer Pandemie richten wollen: Ich hatte 2 Jahre meines Lebens keine Infektionserkrankung. Und das ist Premiere.

Ich habe mich dann getestet, Kind auch, Kind noch mal in der Schule, Mann auch, alle getestet, alle negativ, aber jetzt haben wir alle irgendwelche Symptome aus irgendwelchen Formenkreisen, die uns alle drei zu dem Entschluss kommen lassen: Hier hat niemand Husten, aber naja, man weiß ja nie, ist ja Pandemie.
Ein Nachteil der dekadenlangen Pandemie ist nämlich, dass man ja nicht mehr krank wird. Also so viral oder bakteriell bedingt. Innen ist in Monat 24 alles kaputt. Aber außen fühle ich mich fast jungfräulich. Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob ich nicht vielleicht einfach überhaupt nie mehr rausgehe, dann kann ich mich auch nie mehr mit irgendwas anstecken. Mein Kind müsste dann entscheiden, ob es immer draußen oder immer drinnen sein wollen würde. Wenn ich mal so überlege, kommt in 13 Jahren Kind schon ordentlich was zusammen. Rotaviren, Noroviren, Scharlach, Streptokokken, Pfeiffersches Drüsenfieber. Da war sicher noch mehr, aber die sind mir lebhaft in Erinnerung. Ich verfüge leider auch nicht über Onas Pferdenatur. Scharlach, zum Beispiel, da war er 5 und sonntags strichen wir sein Kinderzimmer in Nemofisch Farben. Er hatte ein wenig Halsweh (echt), legte sich morgens ins Elternbett, ließ ein paar Bakterien da, schlief sich aus und war abends wieder fit. Ich kriegte 2 Tage später 40 Grad Fieber, habe es kaum zum Arzt geschafft, lag dann eine Woche hoch fiebrig und gefühlt fast sterbend im Bett, konnte nach einer Woche aufstehen und duschen, die Dusche war praktisch neben dem Schlafzimmer, musste dann vor Erschöpfung eine weitere Woche schlafen. Pfeiffer war ähnlich, nur noch nachhaltiger.
Wenn wir mal den Fokus auf die wirklich guten Dinge einer Pandemie richten wollen: Ich hatte 2 Jahre meines Lebens keine Infektionserkrankung. Und das ist Premiere.
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Montag, 31. Januar 2022
Disgust
herzbruch, 21:15h
Es fühlt sich nicht mehr gut an, und ja, I heard it.
Das Wort "Durchseuchung" ist ekelhaft, aber gut, wir machen jetzt mit. Soeben haben wir gegessen, total ungesund, Fleischersatzprodukte aus dem Speisefön und Süßkartoffelpommes, denn: Demnächst sind wir ja dran, dann möchte man noch mal schlecht gegessen haben, und da sagte Ona: "Wär doch eigentlich gut, wenn wir uns jetzt anstecken, da sind wir noch topgeboostert." Jo, hat er recht.
Und nein, ich habe keine Angst, ich bin lediglich wütend. Ich bin geboostert, mein Kind ist geboostert, der Vater ist geboostert, wir sind bereit. Und jetzt zählen wir runter. Die halbe Klasse ist durch, heute war O. dran mit rausgefischt werden, in der dritten Stunde, im Rudeltestmodell, alle Masken runter in dem Raum, in dem man seit 2 Stunden sitzt, testen plus Stillarbeit, und Stillarbeit erst abschließen, dann der Positive nach Hause, die Hälfte seiner Lehrer sind krank oder in Quarantäne oder wie auch immer, jedenfalls nicht da. Unterricht findet gefühlt nicht mehr statt, ich habe keine Fragen mehr. Morgen geht die Klasse Schwimmen. Schwimmen ist super. Immerhin Chlor.
Für eine kurze Sekunde fand ich mich eben nicht auf Zack, als andere Eltern mir auf Twitter mitteilten, dass sie doch ihr Kind einfach von Sport befreit hätten. Ja, finde ich gut. Aber ich habe ja so einen kleinen Hang zum stringenten Argumentieren, und wenn ich - zurecht - sage, dass mein Kind am Sportunterricht nicht teilnehmen darf, und auch nicht am Schwimmen, und zwar aus dem besten aller Gründe: Wir machen seit ewigen Zeiten ja NICHTS mehr, wo man die Maske abnehmen muss, auch nicht, um kurz zu trinken, denn Zielerfüllung einer guten Maske ist erreicht, wenn sie ohne eine kleine Ausnahme gut sitzend getragen wurde, wo war ich? Ach so. Wenn ich sage: Mein Kind darf nicht ohne Maske beim Sport mitmachen, dann habe ich direkt zwei große Probleme. Problem 1: Latein ja, Sport nein. Mein Kind ist 12 Jahre alt, also lang, aber trotzdem klein. Das darf man nie vergessen. Ein Jahr lang hat er zuhause gesessen und alles brav ertragen, auch dann, wenn ich gar nicht gesehen habe, wie einsam er ist, weil all seine engen Freunde in Groß- oder Patchworkfamilien leben und ich Kontakt zu riskant fand. Er hat nie geklagt, und er hat immer gehofft, irgendwann geimpft zu sein, dann wird alles besser. Jetzt ist er geimpft, die Politik hat losgelassen, die Schule hat aufgegeben, und während wir ins dritte Jahr gehen, soll ich die Mutter sein, die ihrem 12jährigen Kind sagt: "Du, lass uns kein Risiko eingehen, die Inzidenz ist bei 10000 Millionen, bleib einfach noch mal auf unbestimmte Zeit zuhause, während die anderen Handball spielen"? Nein. Problem 2. Das kann ich leider nicht. Homeschooling: Total okay, hätte er Lust drauf (ich auch, er schoolt sich ja glücklicherweise selber, und ja, ich weiß, wie belastend das in anderen Konstellationen sein kann). Kein Schulsport ohne Maske? Für ihn fein, gäb es keine Klagen. Alle seine Freunde trainieren zweimal die Woche und fahren am Wochenende zum Auswärtsspiel und er nicht? In Jahr drei nicht mehr abbildbar. Denn: Er ist klein. Das muss man sich immer erklären. Am Wochenende hat er mit seiner Mannschaft 27:6 gewonnen, davon zehrt er noch eine Woche. Ich habe Freundschaften über die Pandemie verloren, vermisse manche Leute sehr, plane nur Dinge, die nicht länger als 2 Stunden sind, weil das die Spanne ist, bei der ich genau weiß, dass ich die Hände von der Maske lassen kann, etc. etc. Aber ich bin 45. Mein Kind ist 12. Der kann nicht noch ein Jahr oder auch nur einen Monat verzichten, während die gesamte Welt sich einfach normal weiterdreht. Und deshalb ist es jetzt so. Konsequenterweise geht er also morgen mit Schwimmen. Wer auf der einen Seite die Flanke aufmacht, kann sich auf der anderen Seite nicht hinstellen und sagen: Mein Kind soll kein Risiko eingehen. Und bei einer Inzidenz von 479.000 Millionen wird es ja hoffentlich jetzt auch schnell gehen. Und es müsste ja mit dem Teufel zugehen, wenn wir dran vorbei schlittern, und wenn nicht, dann ist das jetzt so. Wir sind bereit, ich bin entspannt. Aber nur nach außen. Nach innen bin ich WÜTEND.

Das Wort "Durchseuchung" ist ekelhaft, aber gut, wir machen jetzt mit. Soeben haben wir gegessen, total ungesund, Fleischersatzprodukte aus dem Speisefön und Süßkartoffelpommes, denn: Demnächst sind wir ja dran, dann möchte man noch mal schlecht gegessen haben, und da sagte Ona: "Wär doch eigentlich gut, wenn wir uns jetzt anstecken, da sind wir noch topgeboostert." Jo, hat er recht.
Und nein, ich habe keine Angst, ich bin lediglich wütend. Ich bin geboostert, mein Kind ist geboostert, der Vater ist geboostert, wir sind bereit. Und jetzt zählen wir runter. Die halbe Klasse ist durch, heute war O. dran mit rausgefischt werden, in der dritten Stunde, im Rudeltestmodell, alle Masken runter in dem Raum, in dem man seit 2 Stunden sitzt, testen plus Stillarbeit, und Stillarbeit erst abschließen, dann der Positive nach Hause, die Hälfte seiner Lehrer sind krank oder in Quarantäne oder wie auch immer, jedenfalls nicht da. Unterricht findet gefühlt nicht mehr statt, ich habe keine Fragen mehr. Morgen geht die Klasse Schwimmen. Schwimmen ist super. Immerhin Chlor.
Für eine kurze Sekunde fand ich mich eben nicht auf Zack, als andere Eltern mir auf Twitter mitteilten, dass sie doch ihr Kind einfach von Sport befreit hätten. Ja, finde ich gut. Aber ich habe ja so einen kleinen Hang zum stringenten Argumentieren, und wenn ich - zurecht - sage, dass mein Kind am Sportunterricht nicht teilnehmen darf, und auch nicht am Schwimmen, und zwar aus dem besten aller Gründe: Wir machen seit ewigen Zeiten ja NICHTS mehr, wo man die Maske abnehmen muss, auch nicht, um kurz zu trinken, denn Zielerfüllung einer guten Maske ist erreicht, wenn sie ohne eine kleine Ausnahme gut sitzend getragen wurde, wo war ich? Ach so. Wenn ich sage: Mein Kind darf nicht ohne Maske beim Sport mitmachen, dann habe ich direkt zwei große Probleme. Problem 1: Latein ja, Sport nein. Mein Kind ist 12 Jahre alt, also lang, aber trotzdem klein. Das darf man nie vergessen. Ein Jahr lang hat er zuhause gesessen und alles brav ertragen, auch dann, wenn ich gar nicht gesehen habe, wie einsam er ist, weil all seine engen Freunde in Groß- oder Patchworkfamilien leben und ich Kontakt zu riskant fand. Er hat nie geklagt, und er hat immer gehofft, irgendwann geimpft zu sein, dann wird alles besser. Jetzt ist er geimpft, die Politik hat losgelassen, die Schule hat aufgegeben, und während wir ins dritte Jahr gehen, soll ich die Mutter sein, die ihrem 12jährigen Kind sagt: "Du, lass uns kein Risiko eingehen, die Inzidenz ist bei 10000 Millionen, bleib einfach noch mal auf unbestimmte Zeit zuhause, während die anderen Handball spielen"? Nein. Problem 2. Das kann ich leider nicht. Homeschooling: Total okay, hätte er Lust drauf (ich auch, er schoolt sich ja glücklicherweise selber, und ja, ich weiß, wie belastend das in anderen Konstellationen sein kann). Kein Schulsport ohne Maske? Für ihn fein, gäb es keine Klagen. Alle seine Freunde trainieren zweimal die Woche und fahren am Wochenende zum Auswärtsspiel und er nicht? In Jahr drei nicht mehr abbildbar. Denn: Er ist klein. Das muss man sich immer erklären. Am Wochenende hat er mit seiner Mannschaft 27:6 gewonnen, davon zehrt er noch eine Woche. Ich habe Freundschaften über die Pandemie verloren, vermisse manche Leute sehr, plane nur Dinge, die nicht länger als 2 Stunden sind, weil das die Spanne ist, bei der ich genau weiß, dass ich die Hände von der Maske lassen kann, etc. etc. Aber ich bin 45. Mein Kind ist 12. Der kann nicht noch ein Jahr oder auch nur einen Monat verzichten, während die gesamte Welt sich einfach normal weiterdreht. Und deshalb ist es jetzt so. Konsequenterweise geht er also morgen mit Schwimmen. Wer auf der einen Seite die Flanke aufmacht, kann sich auf der anderen Seite nicht hinstellen und sagen: Mein Kind soll kein Risiko eingehen. Und bei einer Inzidenz von 479.000 Millionen wird es ja hoffentlich jetzt auch schnell gehen. Und es müsste ja mit dem Teufel zugehen, wenn wir dran vorbei schlittern, und wenn nicht, dann ist das jetzt so. Wir sind bereit, ich bin entspannt. Aber nur nach außen. Nach innen bin ich WÜTEND.
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