Sonntag, 19. März 2023
19.03.2023
Ich habe soeben zuviel gegessen, darunter vor allem Kartoffelpüree, das hätte ich besser nicht gemacht, denn jetzt bin ich zwar glücklich, andererseits ist der Weg zu gesichtswahrendem Gang über den Strand im Neoprenanzug vermutlich wieder eine große Portion Kartoffelpüree weiter entfernt. Den Anzug habe ich eben gekauft, immerhin fahren der Teenager und ich dieses Jahr zum dritten Mal in Folge tauchen, bzw. eher schnorcheln, und da es dieses Mal hoffentlich so ist, dass wir einfach vom Hotel aus losschnorcheln können, schien es mir effizienter, einfach mit eigener Ausrüstung zu reisen. Die Leihgebühr hätte vermutlich die Anschaffungskosten alleine in diesem Jahr schon übertroffen.

Viel interessanter als der Neoprenanzug war jedoch das heutige Handballspiel, und das auch nur um drei Ecken, der Teenager war nämlich krank und durfte (schweigend) als Cotrainer mit auf der Bank sitzen, Herr H. hatte wie jedes Mal ein Amt im Kampfgericht, und ich kam zum reinen Amüsement mit. Der Gegner jedenfalls war nicht wirklich das, was man einen Angstgegner nennen kann, allerdings war ich beim Warmmachen schon sehr überrascht, lief sich doch ganz offensichtlich ein Erwachsener dort warm, stellen Sie sich bitte in etwa den jungen Sascha Hehn im Körper von Fabian Hambüchen vor. Haare etwas länger, gut gefönt und mit ein wenig Haarspray in Form gebracht, wirkte er doch wie der Vater aller anderen Teenager in der Halle. Das Trikot spannte am Oberkörper, viele Muskeln waren zu sehen, und die Hose, die bei allen anderen flatterte, wie es sich gehört, saß eng anliegend wie eine Radlerhose. Ich hatte ja leider nicht das Vergnügen, Ona neben ihn zu sehen, normalerweise ist der nämlich der Größte auf dem Feld, aber die beiden trennten gut und gerne 25 Kilo reiner Muskelmasse.

Richtig beeindruckend wurde es allerdings, wenn er lief. Ich habe selten einen Menschen so athlethisch und auch ästhetisch laufen sehen. Mit unter 10 Schritten war er einmal übers ganze Feld, dabei wirkte er unangestrengt, man könnte meinen, er berührte den Boden gar nicht. Insgesamt wirkte er wie ein wirklich sehr guter Leichtathlet, Stabhochsprung, da würde ich ihn sehen. Handball war zum Glück nicht so sein Sport, er stand 50 Minuten lang im Angriff am Kreis, gedeckt von Onas Kumpel G., der gut und gerne zwei Köpfe kleiner war als er, aber es kam zu keine brenzligen Situation, seine Mitspieler werden gewusst haben, warum sie ihn nicht anspielten, obwohl er genau genommen die ganze Zeit frei am Kreis stand.

Ich saß auf der Tribüne mit einer Gruppe Mütter, und die Faszination, wenn er übers Feld lief, packte uns alle. Die Herren um uns herum dachten eher an Pamela Anderson in Baywatch, wie sie ins Wasser rennt, ich hatte eine Assoziation mit Asterix, wenn ich mich nicht irre, gibt es im Band mit den Olympischen Spielen Läufer, die unfassbar ästhetisch laufen. Ich kann das jetzt aber nicht verifizieren, die Bände stehen im Regal und ich werde vom Kartoffelpüree in den Sessel gedrückt. So einer war das jedenfalls. Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe vermutlich noch nie so einen athletischen Sportler in C, D, E oder F Jugend gesehen. Ich hoffe, er findet noch den passenden Sport.
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Samstag, 18. März 2023
18.03.2023
Es ist Samstagabend, ich sitze im Sessel, auf dem Sofa liegt ein kranker Teenager, der morgen ein Handballspiel spielen möchte und deshalb literweise Tee trinkt, und Herr H. bringt meine Mutter rüber in ihre Wohnung, die zum essen da war und uns noch einmal in Echtzeit meine Geburt nacherzählte, woraufhin ich in Echtzeit Jonathans Geburt nacherzählte, und das Ganze endete dann mit Herrn H., der sagte: "Ja, es war alles sehr anstrengend."

Jedenfalls hatte meine Mutter sich ein Airfryer-Event gewünscht. Vor zwei Jahren hatten wir ihr so ein Gerät zu Weihnachten geschenkt, und sie hatte das Gefühl, dass bald der Moment eintreten könnte, an dem sie ihn auch benutzt, aber sie brauchte Ideen. Also machten wir Pommes und Süßkartoffelpommes, dazu Bratwürstchen, und damit ich nicht denke, ich würde meiner Aufgabe als fürsorgliches Familienoberhaupt nicht nachkommen, briet ich noch Pfifferlinge und Bohnen.

Warum ich so einen langweiligen Quatsch schreibe, kann ich nicht sagen, eventuell habe ich einfach Sprachüberdruss, meine Mutter ist wie immer natürlich ganz reizend gewesen, aber niemand auf der Welt kann sich vorstellen, wieviel sie redet. Sehr viel. Das kenne ich natürlich von meinem Kind vor Einsetzen der Pubertät sehr gut, und insgesamt kann ich aus jahrelanger Erfahrung mitteilen: Nichts strengt mich mehr an, als wenn jemand die ganze Zeit *mit mir* redet. Nein, ich muss mich korrigieren, bei den meisten Menschen höre ich einfach irgendwann weg, aber bei Verwandten ersten Grades gibt es eine gewisse emotionale Verbundenheit, die dazu führt, dass ich zuhören möchte, weil das nett ist, und dann muss ich irgendwann ins Bett gehen. Bei mir fremden oder unsympathischen Menschen hat mein Kopf so eine fantastische Noise Cancelling Funktion, so wie ich doofe Leute im Internet einfach stummschalte, kann ich das im echten Leben anscheinend auch, ohne es je geübt zu haben. Donnerstag zum Beispiel saß ich während eines Handballspiels neben einem sehr netten und eher ruhigen Vater auf der Tribüne, der nach etwa 45 Minuten Spielzeit plötzlich aus dem Nichts vollkommen eskalierte, in Richtung des gegnerischen Blocks brüllte, ob denn jetzt mal gut sei mit dem Gepöbel, die Stimme sei nicht mehr auszuhalten, ob man sich denn jetzt vielleicht noch fünf Minuten benehmen könne. Anscheinend hatte eine Dame aus der gegnerischen Anhängerschaft über 45 Minuten ohne jede Unterbrechung mit schriller Stimme einfach *durch* von der Tribüne runtergepöbelt, alle hatten die Nerven blank, ich hatte sie überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Ich konzentrierte mich dann sehr und filterte sie raus, und nachdem ich sie hören konnte, konnte ich nicht mehr umschalten, das war schlimm, aber das Spiel dauerte ja nur noch fünf Minuten.

Ich wusste ja immer, dass ich komplett selektiv sehe. Neuerdings kann ich sogar selektiv hören. Ich bin sehr nah dran an der emotional ausbalanciertesten Version meiner Selbst. Hurra. Noch zweimal Corona, und dann ist das mit dem selektiv Riechen auch geregelt.

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Donnerstag, 16. März 2023
16.03.2023
Heute ist Donnerstag, aber es fühlt sich an wie Samstag, das wird morgen sehr blöd, wenn ich aufstehe, weil ich dann nämlich arbeiten muss und nicht alle Familien- und Haushaltssachen erledigen. Oh wait. Vielleicht nicht blöd.

Jedenfalls war heute abend ein Handballspiel, das gehört sich nicht, das bringt meinen Rhythmus durcheinander. Interessant ist bei diesen Nachholspielen an Schultagen, dass man die unterschiedlichen Kindertypen sehr offensichtlich präsentiert bekommt. Mein Kind zum Beispiel ist üblicherweise das größte auf dem Feld, aber abends um 18.30 Uhr auch das müdeste, normalerweise liegt er dann irgendwo und tut Dinge mit anderen Teenagern im Internet, naja, das ist auch gelogen, meistens liegen alle einfach nebeneinander im Gartenhaus und machen Dinge im Internet mit einem von den fünf Freunden, der "was mit Familie" machen muss. Jedenfalls war seine Bilanz heute 1. Tor in Sekunde 10 der 1. Halbzeit, zweites Tor in Minute 2 der 1. Halbzeit, dann vermutlich Schwächeanfall und der Versuch, fehlende Schnelligkeit mit Kraft zu kompensieren, dann 2 Minuten Strafzeit auf der Bank, dann aus Feld, Tor 3 und Tor 4, dann Schwächeanfall, dann der neuerliche Versuch, fehlende Schnelligkeit mit Kraft zu kompensieren, dann gelbe Karte und weitere 2 Minuten Strafzeit auf der Bank, das ist dann letzte Ausfahrt vor Rot, und dann zurück aufs Feld, dann die kluge Entscheidung, dass er heute mal ein bisschen sitzen darf. Eigentlich fand ich es fast immer ein bisschen schade, dass er im Normalfall körperlich sehr passiv spielt, nicht, dass ich sehr groben Umgang im Handball sehr schätze, aber manchmal lässt sich so ein kleiner Bodycheck ja nicht verhindern, mein Kind ist allerdings in der Regel so höflich, dann zur Seite zu treten und den 20 cm kleineren Gegenspieler durchzulassen. Eventuell ist das aber auch einfach gelernt, seit der F-Jugend hatte er ein wenig das Problem, dass Schiedsrichter (richtig gegendert, ich habe in 7 Jahren nur einmal erlebt, dass eine Frau gepfiffen hat, ich berichtete glaube ich, damals lernte der Gegner, dass man die Schiedsrichterin nicht Fotze nennen darf, oh well, schlecht fürs SEO, jedenfalls gibt das Rot, und das ist natürlich richtig), wo war ich, ach ja, jedenfalls ist es immer so, dass wenn ein ganz Großer und ein ganz Kleiner in ein Gerangel geraten, dass dann der Große die Strafe kriegt, und das ist etwa 1000 mal passiert, sogar, wenn er nur irgendwo steht. Ein sehr lustiger Vater saß mal auf der Tribüne, Jonathan stand mit seinen damals 1,80 einfach nur regungslos in der Abwehr, der Gegenspieler nahm mit seinen 1,60 feste Anlauf und versuchte, ihn einfach umzurennen, und dann bewegte sich an Jonathan nicht einmal ein Haar, der Gegner bouncte zurück wie ein Jojo und fiel laut auf den Hallenboden und bekam den Freiwurf (whaaat?), und der Vater sagte: "Als würde man mit dem Minirad gegen die Straßenbahn fahren."

Naja, jedenfalls hat Ona heute nur 25 Minuten gespielt, und er spielt immer komplett durch, aber ja, die Entscheidung war sehr richtig. Die anderen verloren dann 27:28, und das war durchaus ein Erfolg, man hatte 20 Tore Unterschied befürchtet. Zwei emotionale Höhepunkte: Die gegnerische Mannschaft steht in der Abwehr, es wird irgendein Spielzug zum xten Mal gespielt, am Ende Tor, dann brüllt einer der Gegner sauer: "Menno, die machen jedes Mal das gleiche", und der gleiche lustige Vater rieft zurück: "Und ihr fallt jedes Mal drauf rein", und dann schellte mein Handy, der Nachbar, ich ging nicht dran, dann eine Nachricht, ich solle sofort rangehen, es sei wichtig, und dann musste Herr H sehr schnell nach Hause, da der Nachbar einen Einbrecher witterte, sehr komische Konfiguration vorm Haus, und ein völlig hysterischer Hund in der Küche. Der Nachbar bleib solange auf dem Balkon stehen und bewachte unseren Wintergarten, als Herr H eintraf, war die Situation aufgelöst und wir waren sehr erleichtert. Aber 27:28. Das war knapp.
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