Dienstag, 21. März 2023
21.03.2023
Ich muss derzeit permanent so dumme administrative Dinge tun, ich *hasse* jede Form von administrativen Dingen. Allerdings ist es dann schon auch immer so, dass ich mich anschließend, wenn alles gescannt und gemacht und verschickt und kopiert und abgelegt ist, eigentlich sehr gut fühle, wäre es nicht so, dass immer direkt irgendetwas Neues oder Zusätzliches kommt. Für einen kurzen Moment hatte ich heute morgen Sorgen, dass ich in so einem Wurmloch gelandet bin, indem jede administrative Tätigkeit zwei neue administrative Tätigkeiten nach sich zieht, und am Ende wache ich auf und bin begraben unter einem Berg von Ausdrucken. Nicht schön.

Also fuhr ich mit meiner Mutter und meinem Sohn einkaufen, das ist ja so ein ganz eigenes Wurmloch. Wenn ich mit meiner Mutter in den Supermarkt fahre, ist das üblicherweise zu Tageszeiten, an denen vor allem andere Senioren dort sind, da es sich um einen sehr großen Supermarkt handelt, dann aber auch sehr, sehr viele. Meine Mutter kann seit ihrem Unfall ohne Stütze nicht mehr laufen, also muss sie immer den Wagen schieben, das funktioniert sehr gut, wenn sie sich kurz nicht daran erinnert und den Wagen loslässt und zu irgendeinem Seniorenprodukt rennt, wo sie einen roten Preis entdeckt hat (heute: gute Butter, letzten Dienstag: Heringfilets in Sahne), dann spurtet sie schon mal gedankenlos ohne Wagen los, und dann muss ich schnell sein, sonst fällt sie um.

Nun gut, sie fiel nicht um, alles ging gut, Ona kaufte parallel für eine weitere Großfamilie ein, am Ende fuhren wir nach Hause, also ich fuhr, meine Mutter zählte alle Krankheiten aller Familienmitglieder seit 1980 auf, die ich zwar zu moderieren versuchte mit dem Hinweis, dass ich in den letzten 46 Jahren ja auch Teil der Familie war, also wechselte sie auf den Erzählmodus, in dem jede neue Krankheit beginnt mit „weißt du noch der Papa damals“, und bereits an der ersten Ampel war der Teenager auf der Rückbank einfach eingeschlafen.

Jetzt versuche ich, mich in Urlaubsstimmung zu versetzen, damit ich von der Vorfreude möglichst viel habe. Bis Mitte August stehen vier Urlaube an, das ist natürlich absurd, aber wie ich finde verdient. Jetzt kommt gerade der Teenager von zweiten Mittagsschlaf. Ich muss also auf Wunsch jetzt ein Thai Curry kochen. Meeeeh.
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Sonntag, 19. März 2023
19.03.2023
Ich habe soeben zuviel gegessen, darunter vor allem Kartoffelpüree, das hätte ich besser nicht gemacht, denn jetzt bin ich zwar glücklich, andererseits ist der Weg zu gesichtswahrendem Gang über den Strand im Neoprenanzug vermutlich wieder eine große Portion Kartoffelpüree weiter entfernt. Den Anzug habe ich eben gekauft, immerhin fahren der Teenager und ich dieses Jahr zum dritten Mal in Folge tauchen, bzw. eher schnorcheln, und da es dieses Mal hoffentlich so ist, dass wir einfach vom Hotel aus losschnorcheln können, schien es mir effizienter, einfach mit eigener Ausrüstung zu reisen. Die Leihgebühr hätte vermutlich die Anschaffungskosten alleine in diesem Jahr schon übertroffen.

Viel interessanter als der Neoprenanzug war jedoch das heutige Handballspiel, und das auch nur um drei Ecken, der Teenager war nämlich krank und durfte (schweigend) als Cotrainer mit auf der Bank sitzen, Herr H. hatte wie jedes Mal ein Amt im Kampfgericht, und ich kam zum reinen Amüsement mit. Der Gegner jedenfalls war nicht wirklich das, was man einen Angstgegner nennen kann, allerdings war ich beim Warmmachen schon sehr überrascht, lief sich doch ganz offensichtlich ein Erwachsener dort warm, stellen Sie sich bitte in etwa den jungen Sascha Hehn im Körper von Fabian Hambüchen vor. Haare etwas länger, gut gefönt und mit ein wenig Haarspray in Form gebracht, wirkte er doch wie der Vater aller anderen Teenager in der Halle. Das Trikot spannte am Oberkörper, viele Muskeln waren zu sehen, und die Hose, die bei allen anderen flatterte, wie es sich gehört, saß eng anliegend wie eine Radlerhose. Ich hatte ja leider nicht das Vergnügen, Ona neben ihn zu sehen, normalerweise ist der nämlich der Größte auf dem Feld, aber die beiden trennten gut und gerne 25 Kilo reiner Muskelmasse.

Richtig beeindruckend wurde es allerdings, wenn er lief. Ich habe selten einen Menschen so athlethisch und auch ästhetisch laufen sehen. Mit unter 10 Schritten war er einmal übers ganze Feld, dabei wirkte er unangestrengt, man könnte meinen, er berührte den Boden gar nicht. Insgesamt wirkte er wie ein wirklich sehr guter Leichtathlet, Stabhochsprung, da würde ich ihn sehen. Handball war zum Glück nicht so sein Sport, er stand 50 Minuten lang im Angriff am Kreis, gedeckt von Onas Kumpel G., der gut und gerne zwei Köpfe kleiner war als er, aber es kam zu keine brenzligen Situation, seine Mitspieler werden gewusst haben, warum sie ihn nicht anspielten, obwohl er genau genommen die ganze Zeit frei am Kreis stand.

Ich saß auf der Tribüne mit einer Gruppe Mütter, und die Faszination, wenn er übers Feld lief, packte uns alle. Die Herren um uns herum dachten eher an Pamela Anderson in Baywatch, wie sie ins Wasser rennt, ich hatte eine Assoziation mit Asterix, wenn ich mich nicht irre, gibt es im Band mit den Olympischen Spielen Läufer, die unfassbar ästhetisch laufen. Ich kann das jetzt aber nicht verifizieren, die Bände stehen im Regal und ich werde vom Kartoffelpüree in den Sessel gedrückt. So einer war das jedenfalls. Langer Rede kurzer Sinn: Ich habe vermutlich noch nie so einen athletischen Sportler in C, D, E oder F Jugend gesehen. Ich hoffe, er findet noch den passenden Sport.
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Samstag, 18. März 2023
18.03.2023
Es ist Samstagabend, ich sitze im Sessel, auf dem Sofa liegt ein kranker Teenager, der morgen ein Handballspiel spielen möchte und deshalb literweise Tee trinkt, und Herr H. bringt meine Mutter rüber in ihre Wohnung, die zum essen da war und uns noch einmal in Echtzeit meine Geburt nacherzählte, woraufhin ich in Echtzeit Jonathans Geburt nacherzählte, und das Ganze endete dann mit Herrn H., der sagte: "Ja, es war alles sehr anstrengend."

Jedenfalls hatte meine Mutter sich ein Airfryer-Event gewünscht. Vor zwei Jahren hatten wir ihr so ein Gerät zu Weihnachten geschenkt, und sie hatte das Gefühl, dass bald der Moment eintreten könnte, an dem sie ihn auch benutzt, aber sie brauchte Ideen. Also machten wir Pommes und Süßkartoffelpommes, dazu Bratwürstchen, und damit ich nicht denke, ich würde meiner Aufgabe als fürsorgliches Familienoberhaupt nicht nachkommen, briet ich noch Pfifferlinge und Bohnen.

Warum ich so einen langweiligen Quatsch schreibe, kann ich nicht sagen, eventuell habe ich einfach Sprachüberdruss, meine Mutter ist wie immer natürlich ganz reizend gewesen, aber niemand auf der Welt kann sich vorstellen, wieviel sie redet. Sehr viel. Das kenne ich natürlich von meinem Kind vor Einsetzen der Pubertät sehr gut, und insgesamt kann ich aus jahrelanger Erfahrung mitteilen: Nichts strengt mich mehr an, als wenn jemand die ganze Zeit *mit mir* redet. Nein, ich muss mich korrigieren, bei den meisten Menschen höre ich einfach irgendwann weg, aber bei Verwandten ersten Grades gibt es eine gewisse emotionale Verbundenheit, die dazu führt, dass ich zuhören möchte, weil das nett ist, und dann muss ich irgendwann ins Bett gehen. Bei mir fremden oder unsympathischen Menschen hat mein Kopf so eine fantastische Noise Cancelling Funktion, so wie ich doofe Leute im Internet einfach stummschalte, kann ich das im echten Leben anscheinend auch, ohne es je geübt zu haben. Donnerstag zum Beispiel saß ich während eines Handballspiels neben einem sehr netten und eher ruhigen Vater auf der Tribüne, der nach etwa 45 Minuten Spielzeit plötzlich aus dem Nichts vollkommen eskalierte, in Richtung des gegnerischen Blocks brüllte, ob denn jetzt mal gut sei mit dem Gepöbel, die Stimme sei nicht mehr auszuhalten, ob man sich denn jetzt vielleicht noch fünf Minuten benehmen könne. Anscheinend hatte eine Dame aus der gegnerischen Anhängerschaft über 45 Minuten ohne jede Unterbrechung mit schriller Stimme einfach *durch* von der Tribüne runtergepöbelt, alle hatten die Nerven blank, ich hatte sie überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Ich konzentrierte mich dann sehr und filterte sie raus, und nachdem ich sie hören konnte, konnte ich nicht mehr umschalten, das war schlimm, aber das Spiel dauerte ja nur noch fünf Minuten.

Ich wusste ja immer, dass ich komplett selektiv sehe. Neuerdings kann ich sogar selektiv hören. Ich bin sehr nah dran an der emotional ausbalanciertesten Version meiner Selbst. Hurra. Noch zweimal Corona, und dann ist das mit dem selektiv Riechen auch geregelt.

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