Freitag, 27. August 2010
Ich bin kein Schimpanse
steht hier. ich koennte nicht lauter applaudieren.

ich kann ihnen aber noch sagen, warum kind und karriere so furchtbar viel weniger gut kombinierbar ist, als man in der rosaroten theorie erstmal denkt. aus eigener und beobachteter erfahrung.

als ich meinen alten job hingeschmissen habe, um in deutschland lustig elternzeit zu machen, vertraute ich voll und ganz darauf, dass mein lebenslauf mir nach 12 monaten goldene zeiten eroeffnen wuerde. kurz vergessen hatte ich allerdings, dass man fuer goldene zeiten auch eine kinderbetreuung braeuchte, in duesseldorf etwa so wertvoll wie, sagen wir mal uran. blieb in unserem falle nur die exklusive nobelkita, wo aurelia und amalia auch schonmal von kopf bis fuss in burberry im sandkasten sitzen. aber natuerlich erst ab 18 monate. klar. somit sitzt man also schonmal 18 statt 12 monate zuhause. irgendjemand muss ja.

und dann erzaehlt die erzieherin, in letzter zeit seien sehr viele muetter von ihren chefs genoetigt worden, mehr tage zu arbeiten als vor der elternzeit vereinbart war. entweder 4 tage oder gar nicht. was will man machen. da kann man jetzt schimpfen, der beebiepapa tut das dann auch, aber ich sehe das sehr rational. je hoeher ausgebildet und verantwortungsvoller der job, desto weniger kann man ihn in teilzeit ausfuehren. um es ueberspitzt zu sagen: wenn angela merkel jetzt schwanger wuerde, koennte sie nur schwerlich auf 3 tage die woche umschalten.

was zum naechsten thema fuehrt. wenn man nicht gerade glueck hat und einen job, wo eigentlich eh alles egal ist, hat man vielleicht einen, wo anwesenheit wichtig ist. mit kind bin ich weniger anwesend. wenn die kita um 6 uhr schliesst, muss ich eben um 6 uhr dasein. das ist unumstoesslich. lange abende im buero koennen nicht mehr vorkommen. und wenn das kind krank ist und man nicht das glueck hat, wie wir die oma in 15 min entfernung zu haben, dann muss eben einer zuhause bleiben. und wer zuhause bleibt, der kommt nicht zur arbeit. wieder ueberspitzt befuerchte ich, dass ich, haette ich eine baeckerei mit nur 2 angestellten, ich keine junge mutter einstellen wuerde.

doch obacht: warum denn dann junge vaeter? und jetzt spreche ich aus der perspektive einer jungen mutter mit 'modernem mann'. der beebiepapa ist aufgeschlossen und emanzipiert genug, dass er (hoffentlich) verinnerlicht hat, dass ich zumindest im naechsten jahr kein einziges mal zuhause bleiben kann, wenn das kind zahnt oder niest oder aus irgendeinem anderen grund nicht in den kindergarten kann. das weiss ich, das weiss er. er ist am zuge. aber die chefs wissen sowas nicht. solange in den fuehrungsetagen alte saecke sitzen, die in ihrem leben noch keine windel gewechselt haben, wird stillschweigend davon ausgegangen, dass der vater doch mit den windpocken oder kopflaeusen des sohnes nix zu tun hat. zwei monate elternzeit, wovon nur 1 tag die woche elternzeit war, die anderen tage - alle - waren nicht genommener urlaub aus dem vorjahr (jawohl, 31 von 32 tagen nicht genommen), haben einen ruck durch sein gewerkschaftsverseuchtes unternehmen gehen lassen, wo vaeter doch noch ernaehrer sind. die bleiben doch nach der geburt nicht zuhause. nicht einmal offiziell nur einen tag in der woche.

was will sie eigentlich sagen? in der theorie klappt das inzwischen alles. in der praxis klappt nix. ich habe glueck mit meinem job, da er raum fuer verschiedene modelle gibt. dafuer aber eben keine sicherheit, bis man alt ist. egal.

unterm strich bin ich der festen ueberzeugung, dass die zeit heute die denkbar schlechteste fuer eine frau mit ambition ist, um ein kind zu kriegen. vor 30 jahren haette man sich ohne weiteres fuer die naechsten 20 jahre der kueche widmen koennen, danach dann ein paar hobbies und was gemeinnuetziges. in 30 jahren werden hoffentlich die maenner aus der generation ona wie selbstverstaendlich bei windpocken zuhause bleiben, und die alten chefsaecke wie der beebiepapa und ich wissen das noch von 'damals'. heute allerdings erwartet jeder, dass madame karriere macht, immerhin ist sie doch viel hoeher ausgebildet als der herr, ist doch schade, und bist du denn nicht ganz furchtbar unzufrieden usw., aber eine faire chance gibt es noch nicht. amen.

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Ich schreib das jetzt natürlich aus der komfortablen Position, dass ich jünger bin und sowieso (noch?) kein Kind hab: Ich hoffe ganz stark auf ein Aufrollen von unten. Als Naturwissenschaftlerin kann ich frohlockend vermelden, dass der Frauenanteil beim Studium hier bei mindestens 50% liegt, Jahrgangsweise kann man sogar die Germanisten in den Schatten stellen (um mal das alte Klischee auszupacken). Zu den Zeiten meines Vaters wäre das noch undenkbar gewesen, da war die Frauenquote im einstelligen Bereich. Bei den Ingenieuren ist das noch nicht so, aber ich habe die unumstößliche Hoffnung, dass sich das halbwegs bald einfach gibt. Bei uns ist es z.B. auch undenkbar, dass es irgendwelche geschlechtsspezifischen Kommentare in Bezug auf Technikverständnis gibt, einfach weil die eigene Erfahrung im Studium sagt, dass Technik(un)begeisterung unter den Geschlechtern gleichmäßig verteilt ist. Bei Geistis dagegen hab ich solche Kommentare dagegen mehr als einmal erlebt (von Frauen öfter geäußert als von Männern), wo man da doch eigentlich das Klischee hat, dass das überwiegend recht emanzipierte Menschen sind. Um jetzt den Bogen zum Thema zu schlagen: Ich hoffe genauso darauf, dass sich diese Tendenz zu mehr Frauenanteil und damit allgemeiner Offenheit gegenüber Frauen sozusagen durch die Berufsgruppen und Etagen frisst.

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in der wissenschaft bzw. an der uni ist es so, dass die damen bis nach der promotion die nase vorn haben. mehr studentinnen machen examen, mehr frauen promovieren. und wieviele machen noch postdocs? oder kriegen eine assistentenstelle? wieviele habilitieren? und wieviele werden letztendlich professorin? wissen sie, bei ihnen ist noch alles gut. fertig promovieren und dann ein kind. und schon steht alles kopf. und das ist fuer die damen einschneidender als fuer den herren. der geht schoen weiter ins buero, in den hoersaal, oder wohin er auch gehen will.

nachtrag: und das meine ich gar nicht so bitter, wie es klingt. ich habe eine stelle und einen modernen mann, alles wird gut. bitter werde ich erst naechstes jahr. und der grund, warum wir die nummer mit der elternzeit und den windpocken fuer den mann machen, ist ja genau der, dass irgendjemand ja mal damit anfangen muss. sonst aendert sich hier gar nix mehr. fuer ihre generation, die vermutlich keine besonders andere als meine generation ist, sehe ich allerdings noch keine goldenen zeiten. paradigmenwechsel ist gefragt, und der dauert laenger, als alice schwarzer noch tippen kann.

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Hm, das geht bei uns noch. Es gibt immerhin nen auch für Studenten nutzbaren Unikindergarten, der nach Aussage einer Freundin mit Kind ganz brauchbar ist – sie hat allerdings fast ein Jahr ausgesetzt, weils organisationstechnisch nicht so einfach ist und nur ein Semester aussetzen deshalb nicht ging. Wir haben ja nicht nur Vorlesung, 12 Stunden Anwesenheit pro Tag sind nicht ungewöhnlich (was der Kindergarten nicht mitmacht, da gehen nur 9-Stunden-Tage) und schon mit sowas einfachem wie ner Erkältung kann man sich das ganze Semester versauen, wenn man zu nem ungünstigen Zeitpunkt krank wird. Wir sind sozusagen strukturell Ausfall-unfreundlich, egal aus welchem Grund, was Mütter natürlich besonders trifft.

Promovieren tun bei uns sowieso alle, ist ja auch alles relativ personalintensiv (es gibt Professoren, die haben 20 Doktoranden unter sich, plus noch eine Schar Diplomanden, bei etwas über 100 Leuten, die pro Jahrgang anfangen und ner mindestens 50%igen Abbrecherquote) und ein kurzer Check in den Mitarbeiterlisten der Professuren hat in den jüngeren Generationen einigermaßen ne Gleichverteilung der Geschlechter ergeben – bei der Generation 50+ gibt es zwar auch so viele Männer wie Frauen, aber da sind die Männer studiert und die Frauen haben Ausbildung. Aber wie ich oben schon angedeutet habe, lebe ich hier ziemlich auf einer Insel der Seligen. (Habilitationen gibt es zu wenige, weil man ja immer in die Industrie gehen kann, aus dem Stehgreif fällt mir nur eine einzige Person ein, das ist ein Mann, der sich da gerade habilitiert.)

Nachtrag bezüglich Ihres Nachtrages: Das Paradies ist in diesem Tempo wahrlich noch weit weg, aber ich habe das Gefühl, dass um mich herum immerhin der Aufbruch auf breiterer Ebene passiert.

Nachtrag2: Die Äußerung "Studieren? Und dann auch noch promovieren? Als Mädel? Das wird dann aber spät mit den Kindern" hab ich an mich gerichtet auch gehört. Aber glücklicherweise nur von Leuten im gesetzten Alter.

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Vielleicht ist es nicht gerade bequem heute, nuja, dafür haben wir es in anderen Dingen einfacher als früher. Was nützt es, darüber nachzudenken.

Wir sind ja so ein Paar, das sich einfach durchsetzt, auch wenn beide Chefseiten erst mal misstrauisch waren und nicht immer glücklich. Ich 24 Stunden, er 20, damit ist die Kinderbetreuung rundum geklärt, Krankheitstage beim Kind sind uns wurst, weil eh einer da ist, und beide dürfen so ein bisschen Karriere machen.

Mein Chef war anfangs besorgt, wenn ich länger als 17 Uhr blieb, weil ich doch heim zum Kind muss (kann der Mann das?) - aber er hat sich dran gewöhnt. Und der Chef des Mannes musste sich daran gewöhnen, dass auch ein Mann ein halbes Jahr komplett aussteigen kann, aber hey, als er zum Bund musste, ging das auch - und es ging. Rechtlich ja kein Problem. Angst, hinterher mit vorgeschobenen Gründen rausgeworfen zu werden, hatte der Mann wenig - "die brauchen mich, ohne mich sind die schlechter dran als mit 20 Stunden" - und so war es und so ist es.

Ich träume ja davon, dass das irgendwnan mal normal ist, dass die Führungsetagen irgendwann stillschweigend davon ausgehen, dass auch Männer jeden Alters mal eben ein Jahr Voll-Elternzeit nehmen könnten, dass das Risiko auf m und w gleich verteilt ist und damit die Frauen nicht die Ärsche am Ganzen sind. Das wäre toll. Wir arbeiten dran. (Seit der Mann Elternzeit genommen hat, haben sich noch zwei weitere bei ihm getraut - Vorbilder..)

Zum Thema "Führungskräfte können nicht Teilzeit/aussteigen" - da war vor wenigen Wochen ein hübscher Artikel in der Zeit über weibliche Vorstände etc. in Skandinavien. Dort geht das auch für Führungskräfte. Warum hier nicht? Man muss sich vielleicht nur trauen...

edit: Genau, einer muss ja anfangen! Bis das normal ist, besser, einfacher, das wird noch ewig dauern. Von daher schöne Grüsse an den ebenfalls emanzipierten Herzbruch-Mann. Unsere Vorreiter. hach.

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der herzbruch-mann musste sogar dem deal zustimmen, dass er bei beebie 2.0, welches im moment kurz nach hinten verschoben ist, das volle jahr elternzeit nimmt. ein bisschen mulmig ist ihm dabei (mir auch, keine frage), doch wenn man auf seine bzw. meine karriere blickt, ist das der logischere weg. er ist der mit der festanstellung, auf der er alt werden kann (plus seine neue chefin ist eine kinderlose aber sehr verstaendnisvolle frau, die findet, ein vater muesse dringend nach 8 stunden nach hause fahren). ich muss noch kaempfen. und ja. meine mission ist dabei auch, dass ehemann ona in 30 jahren ohne nachzudenken elternzeit nimmt und seine schon vor der geburt versprochene ehefrau alma nie, aber auch wirklich nie bei einem vorstellungsgespraech gefragt wird, was sie denn mache, wenn mein enkelkind die windpocken hat...

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Schön fand ich mal die junge Dame von der Deutschen Bank, Börsenmaklerin oder sowas, die mir in so einem Karrieredingsdaseminar begegnet ist und die glaubhaft versicherte, in ihrem Bewerbungsgespräch auf die Frage "Wollen sie denn Kinder" den beiden Herren gesetzten Alters geantwortet hat, "haben Sie denn Kinder? Und was machen sie, wenn die krank sind?" Sie hat die Stelle bekommen.

(Einer meiner nicht allein entscheidungsbefugten Chefs allerdings ist z.B. auch der Meinung, Frauen mit Kindern gehörten nach Hause und nicht ins Büro, denn seine Frau macht das schließlich auch so, und deshalb muss das das richtige sein. Was bin ich froh, dass ich noch einen anderen Chef habe. Weiter Weg, oh ja, ob das bis zu Onas Elternzeit was wird?)

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chefetage-version: wieso wollen so viele junge eltern zuhause bleiben, oder teilzeit arbeiten? ein job von einer gewissen charge aufwärts ist doch viel weniger planbar als z.b. buchhaltung oder sekretariat, wo man dann pünktlich nach hause gehen kann.

director hr kam schon zwei wochen nach der entbindung wieder stundenweise ins büro, nach weiteren acht wochen flog sie eine woche dienstlich in die usa, und dabei hat sie nicht nur das neugeborene, sondern auch ein vierjähriges kind und einen mann und einen haushalt, und um den garten kümmert sie sich auch.

ja, sagte ich in der mir eigenen, unnachahmlich freundlichen art, und zusätzlich 2 (in worten ZWEI) kindermädchen (eines davon eine säuglingsschwester die im haus wohnte), eine putzfrau und eine haushälterin. und für den garten einen gärtner.


das thema der betriebsversammlung - cafe talk genannt - war damals teamwork und rücksicht auf andere und beispiel nehmen am einsatz der anderen für das unternehmen. ich kotz' noch heute.

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ich meine, es war alice schwarzer, die zur supermutter uschi von der leyen (kein neid, so sieht die vorbildmutter aus) nur sagte, wenn sie sich richtig erinnere, muesse man bei denen zuhause erst ueber sehr viel kies fahren, bevor man an der haustuer sei. und ja. zwei kindermaedchen und die gute seele fuer den haushalt. dann kann ich auch karriere machen.

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oh ich kann aus vollen herzen dem debakel folgen. selber an einer uni arbeitend, das kind (grad zwei jahre alt) in einer tagesgruppe, super versorgt, aber eben nur von acht bis drei. daher also alle lehrveranstaltungen dank toller kollegen nur auf den vormittag gelegt und um halb drei alles fallen lassen, um dann an mindestens drei von fünf tagen den sohn abzuholen. einmal pro woche holt papa ihn ab, ansonsten sind gottseidank auch omaopa in der nähe (zumindest die einen). dieser spagat klappt super, außer außer außer: wenn es krankt das kind. und "im ersten winter in der betreuung" war das schon - wie soll ich sagen - (zu) oft der fall. dann zerreißt mich der spagat fast. aber ich kann ohne arbeit keine tolle mutti sein, so ist das nun mal und dem kind tun die sozialkontakte so was von gut...das mit dem mann und der elternzeit bei kind2, das ist so ein sache. mein traum wäre, dass er mindestes drei monate nimmt, in denen ich dann schon wieder arbeiten gehe. denn promoviert wird ja auch (neben der vollzeit-lehrstelle). rein von seinem arbeitgeber ginge das wohl auch, aber der mann hat da so ein rollendings im kopfdings und steht sich (noch) selbst im dings. es bzw. er braucht zeit und wir arbeiten dran. aber wenn ona in dreißg jahren ohne zu zögern elternzeit nimmt, dann trifft er hoffentlich julito, der dann auch nen kinderwagen schiebt.

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