Mittwoch, 3. Juli 2013
Nicht-Tagebuchbloggen: 37
das mit dem nicht-tagebuchbloggen hat ja schon wieder an attraktivität verloren. ähnlich wie mein tägliches leben. alles ist wieder auf normal, essen, schlafen, arbeiten, vielleicht mit der kleinen einschränkung, dass arbeiten so langsam ausläuft, und da ich ja in weiser voraussicht keinerlei prüfungen mehr angenommen habe, stelle ich jetzt noch 2 klausuren, korrigiere die (wie üblich) in 16 stunden ohne unterbrechung mit bürotür zu weg, und dann gehe ich langsam in rente. bis in den spätherbst mache ich mir dann erstmal keine sorgen um die zukunft, und sollten wir ein pferd kotzen sehen, kann ich ja immer noch dann beginnen.

ein schöner nebeneffekt meiner erhofften beruflichen veränderung ist ja, dass ich nie mehr lehramtsstudenten unterrichten muss. und jetzt fühlen sie sich nicht angegriffen, sollten sie selbst ein solcher sein. 99 prozent derer sind ja normale leute. rund 1 prozent hingegen gehört zu der spezies, der ich hin und wieder erklären muss, dass es im grundgesetz keinen paragraphen gibt, der allen menschen mit hochschulreife garantiert, dass sie lehrer werden können. in der regel sind das menschen, die finden, dass die inhalte eines seminars, dessen schein pflicht ist, zu schwierig seien, und die dann versuchen, stimmung zu machen. das sei ja alles unfair, 60 seiten pro woche lesen, so viele themen pro semester, das könnten sie nicht. nun bin ich ja im laufe der jahre durchaus dazu übergegangen, die schwierigeren methodenkurse so zu lehren, dass auch menschen, die nicht so tippitoppi denken können, mit ein bisschen mühe ohne weiteres bestehen können. ich musste ja auch literaturwissenschaft ohne jede leidenschaft machen und war dankbar für veranstaltungen, die didaktisch so aufbereitet waren, dass man auch ohne interesse die möglichkeit hatte, etwas zu lernen und letztendlich die klausur zu bestehen. dass also nicht jeder für mein fach brennt, kann ich ja noch nachvollziehen. die offensichtliche unbereitschaft, sich mit den strukturen einer sprache auseinanderzusetzen, die man später an gymnasien unterrichten will, kann ich allerdings nicht akzeptieren. selbst, wenn man ausschließlich an der interpretation von lyrik interessiert ist, gehört es eben zum berufsbild mit dazu, dass man auch die sprache an sich unterrichtet, und dafür ist es hilfreich, wenn man sich mit deren struktur auseinandergesetzt hat. dass ein zweitsemester sich gar nicht erst anmaßen sollte, zu beurteilen, ob man bestimmte inhalte später im beruf braucht oder nicht, habe ich ja schon häufig genug dargelegt.
neu ist die entwicklung, dass studenten den lehrkörpern vorwerfen, dass die inhalte für sie nicht lernbar sind. das ist insofern interessant, dass ich ja nicht der meinung bin, dass wir dafür sorge zu tragen haben, dass alle die klausuren bestehen können. wir haben durchaus darauf zu achten, dass komplexe inhalte so aufbereitet werden, dass die studierenden sie so gut wie möglich verstehen können, und das tue ich erfolgreich. die unter 0,1 prozent, die es dann auch im wiederholungsfall nicht hinkriegen, sind vielleicht kognitiv nicht gut darauf vorbereitet, lehrer zu werden. und da sage ich ja dann immer gerne: auch im handwerk gibt es schöne berufe, für die man wenig formale logik kennen muss.

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statistik-metodenschein für soziologen, auch für lehramt sozialkunde gymnasium. in der zur vorlesung gehörenden, didaktisch eigentlich recht schön gemachten übung fragt eine blonde (no pun intended) lehramtsstudentin den armen dozenten tausend Mal dasselbe. er erklärt's nochmal. und nochmal. und dann nochmal anders. und noch anders. frau blond versteht immer noch nicht. dozent seufzt und macht dann doch weiter im plan. feedback-runde/offene fragen in den letzten fünf minuten. blondchen: "ich finde es schon unfair, dass man hier das nicht versteht, obwohl man sich bemüht und lernt". kommentar dozent: "wissen sie, wir sind hier an einer hochschule." danke. danke!

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hochschule statt vorschule, darauf habe ich auch schonmal hingewiesen...

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Ich besorge mir für's Wintersemester Schilder, die ich abewchselnd hochhalte, eines mit "Hochschulreife!" und eines mit "Universitätsabschluss?". Semesterendfrust par excellence.

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schilder sind immer gut. passt wenig text drauf...

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frkirsche, hängen Sie am besten auch noch ein großes Schild über die Tafel: "Hirn einschalten!"

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Bin ja kein Sprachwissenschaftler, aber der Logik sehr nah.
Und ich versuche dem Jammertal des Deutschtisches im Lehrerzimmer so fern wie möglich zu bleiben.
Dieses Klagen über Korrekturen von Aufsätzen ist kaum auszuhalten.
Warum habt ihr es dann studiert, Mädels?
Überraschend ist das ja nicht, wenn man Lehramt wählt, dass Aufsätze anfallen. Aber dauernd über die Literatur zu klagen, und dann doch nur die Unterrichtsentwürfe von Klett abzuarbeiten, das hat die Sprache nicht verdient.
Bitte, Frau Herzbruch und alle anderen Literaturmenschen an den Unis dieser Welt: sorgt bitte dafür, dass einem diese Jammersusen und - suseriche im Bildungsgewerbe erspart bleiben.

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ich habs versucht, scheine aber gescheitert zu sein.

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nachtrag: ich wollte ja professor oder bundesbildungsministerIn (das generische maskulinum der ersten berufsbezeichnung ist übrigens mein ausdruck der solidarität mit den herren professorin in leipzig...) werden, der neue plan ist jetzt professor UND bundesbildungsministerIn. neben der kompletten neuregelung des deutschen promotionsverfahrens würde ich vermutlich am 1. arbeitstag sofort alle lehramtsstudiengänge schließen und bundesweit die PHs wieder einführen. grundsätzlich ist es nämlich ja sehr sinnvoll, lehramtsstudenten lehramtsrelevante inhalte zu vermitteln, die wir den wissenschaftlichen abschlüssen lieber nicht vermitteln. mit den strukturen von sprachen müssten sie sich dort allerdings leider auch beschäftigen, wollten sie sprachen unterrichten.

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Ah, Eintrag Nr. 37. Unübertroffen bleibt der Satz einer Sek-I-Kandidatin vor dem Prüfungszimmer: "Boah, die Vorbereitung war voll anstrengend. Wir mußten die "Kinder von Bullerbü" lesen!"

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natürlich extra für sie. und ja, wir sind unmenschen.

mein kind (4!) liest übrigens auch die kinder von bullerbü. nur mal so als richtmaß.

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und dann denke ich die ganze zeit so: 37, 37, was war nochmal mit 37. und dann fiel es mir wieder ein. in zwei wochen ja dann hier herzbruch37.

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Und das am 3.7.

mein kind (4!) liest übrigens auch die kinder von bullerbü. nur mal so als richtmaß.

Tiger Mom! ;-)

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ich nehm den ja nicht umsonst mit in die uni. vonwegen betreuungsproblem. von nix kommt nix. vorlesung U5, dahin geht der trend.

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Wissen Sie,
es gibt Leute, die studieren lieber ne Sprache auf Lehramt als den richtigen Sprachstudiengang, obwohl dieser bestimmte Sprachstudiengang nicht mal Vorkenntnisse braucht. Aber Lehramt ist ja einfacher. Dann darf man sich am Ende nur nicht wundern, wenn man doch Lehrerin werden muss (die armen Kinder - wenn ich mein Fach verfehlt hätte, hätte ich wenigstens bloß selber den Schaden, aber bei verfehlten Lehramtlern werden ja 40 Jahre lang zukünftige Generationen dran leiden müssen) und man komischerweise von niemandem als Übersetzer eingestellt wird (ernsthaft). Meine Mitbewohnerin (Lehramt Französisch, gibt jetzt Nachhilfe, hat in Frankreich Sprachassistentin gemacht statt bloß einfaches Erasmus) erzählt auch von anderen Lehramtlern, deren Aussprache von solchen Sachen wie "Je m'apelle" immer noch bei "Schö mapelle" festhängt.

(Übrigens scheinen die doofen 1% manchmal die Angewohnheit zu haben, jahrgangsweise aufzutreten. Der parallele Lehramtlerjahrgang zu meinem Studiengang war kollektiv so strunzdoof, dass sich bei uns Lehramtler des nachfolgenden Jahrgangs für sie entschuldigt haben, so peinlich war denen das.)

Ich muss allerdings zugeben, dass mir ein gewisses Anspruchdenken dem Dozenten gegenüber nicht fremd ist. Ich komme ja aus einer Studienrichtung ohne Anwesenheitspflicht, wo man aber über jeden Scheiß ne Klausur schreiben muss. Und wenn dann ein Prof Powerpointkaraoke macht, dann geht man da nicht mehr hin, wenn ein Dozent in der Übung nur die Aufgaben durchkaut, die letzte Woche abzugeben waren, dann geht pro Bekanntenkreis jede Woche bloß einer hin, der die Aufgaben abgibt, und wenn ein Prof eine Vorlesung macht, die Klausur aber nur was mit der parallel laufenden Übung zu tun hat, dann habe ich in meiner 60-Stundenwoche auch was besseres zu tun, als zu diesem Prof zu gehen (in diesem konkreten Fall saßen nach der Halbzeitklausur von 120 Leuten nur noch 8 in der VL).

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So kenne ich das auch.
Eine Vorlesung sollte mir helfen einen Sachverhalt besser zu verstehen um dann damit eine Prüfung bestehen können
Wenn das mangels didaktischer Kompetenz nicht möglich war, saß man besser zu Hause und hat den Stoff anhand von Bücher aufbereitet.
Bei anderen Professoren musste maneine Viertelstunde früher da sein, um zumindest einen Stehplatz im 300 Sitzplätzesaal zu bekommen.
Abstimmung mit den Füßen.

Wenn ich mich richtig erinnere, gab es damals bei den Lehrämtlern für Sprachen nach zwei Jahren die Zwischenprüfung, die aus der Abgabe unbenoteter Scheine bestand. Dann ist natürlich Schule später richtiger Stress.
Und wir Naturwissenschaftler waren schon wundgeprüft.

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Im Ingenieurswesen brüstet sich ja mancher Prof mit seinen hohen Durchfallraten. Und Sätze wie: "Sie müssten nicht hier sitzen. Bei Aldi an der Kasser verdient man auch ganz gut" fallen ungefährt ab Tag 2 nach Studienbeginn.

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glauben sie mir, das ist hier nicht so. meine durchfallquote liegt unter 10 prozent, und im zweiten anlauf kanns jeder. mit durchfallquoten brüsten ist ja lediglich ein abgesang auf die eigenen didaktischen fähigkeiten, das erscheint mir albern. aber lernen muss man halt in der uni. sogar in den geisteswissenschaften.

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