Donnerstag, 29. August 2013
Nicht-Tagebuchbloggen: 54
wie sie vielleicht noch wissen, ist meine momentane beschäftigung warten. und das seit juni. ich warte, und zwar mindestens noch 8 wochen. das ergebnis, und ich will ja nicht dramatisieren, entscheidet darüber, ob mein leben ab demnächst sorgenfrei, glücklich und vor allem perfekt ist, oder ob ich die letzten 12 jahre in die tonne kloppen kann und eine umschulung zur gärtnerin machen muss. weiter pendeln unter den im deutschen wissenschaftssystem herrschenden bedingungen habe ich für mich ausgeschlossen, also bleibt unterm strich nix. der mann ist inzwischen so co-frustriert, dass er, der zweimal kurz vor knapp sein veto einreichte, als ich lukrative angebote in den usa hatte, nun gerne auswandern will. mit der kleinen komplikation, dass ich nicht mehr will. für die branche, in der ich mir einen neustart vorstellen könnte, bin ich zu alt. ja, sie hören richtig. für die branche, in der ich mich in den letzten jahren zigmal beworben habe, bin ich zu wenig vernetzt. die stellen, die in der zeit zu finden sind, existieren ähnlich wenig realistisch wie die von wissenschaftlichen assistenten an deutschen unis. bundesbildungsministerIn ohne partei werden aus dem hausfrauenstatus ist auch nicht zu erwarten, wenngleich ich noch immer denke, dass das land sonst nicht zu retten ist. aber vielleicht täusche ich mich ja.

bleibt also das alte lied. c4 oder hartz 4. und mit jedem tag, der vergeht, sinken die chancen in meinem bauch. habe ich mit einer wahrscheinlichkeitsvermutung von 100% pro ruf im juni begonnen, habe ich inzwischen alle szenarien, die zum scheitern führen könnten, so oft durchgedacht, dass ich bei etwa 45% angekommen bin. im november dürfte ich dann so bei 10% sein, ich kann also nur positiv überrascht werden. und dann denkt man sich doch: was für eine beschissene berufswahl. in welchem anderen job ist man denn bitte bis ende 30 quasi unbezahlt sehr erfolgreich, nur um dann entweder ganz viel glück zu haben, oder alternativ vor einem großen haufen papierscheiße zu stehen und sich zu fragen (oder die menschen vom arbeitsamt), was man denn mal beruflich machen könnte. ich habe eine ganze generation guter kollegen in der versenkung verschwinden sehen, dachte aber immer, dass ich einen objektiven qualifikationsvorsprung habe, der mich davor bewahrt. zwei dinge hatte ich allerdings nicht beachtet: 1) in deutschland werden professuren nicht nach qualifikation oder güte der arbeit vergeben, und 2) man muss bereit sein, in diesem schwebezustand zwischen c und hartz bis über 40 durchzuhalten. in meinem falle 42, dann fiele der hammer. kinderlos wäre das kein problem, aber meine ansprüche an den beruf haben sich ja geändert. interessanterweise habe ich in den letzten monaten nur eine einzige kollegin gefunden, die "ich wünsche mir finanzielle sicherheit" überhaupt als argument für berufliche entscheidungen gelten lässt. mutter von 3 kindern, übrigens. der komplette rest guckt halt ein bisschen arrogant und denkt sich heimlich: "na gut, dann ist sie halt sowieso keine vollblutwissenschaftlerin gewesen. so wie ich. ich krücke auch auf einer halben stelle 40 stunden die woche, und mit 40 noch in der wg wohnen ist doch cool. ist halt berufung, nicht beruf".

viel spaß dabei. ich warte noch eben. und wenn sie dann im november einen lauten knall hören, dann war ich das vermutlich, am briefkasten stehend, in der realität angekommen. und dann freuen sie sich auf den nächsten dawanda-shop einer mutter ohne karriereoptionen.

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