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Dienstag, 25. August 2020
Bittersweet Symphony
herzbruch, 23:34h
Es ist der stechende Geruch nach altem Schweiß.
In den Augen spüre ich den nicht. Und das ist ja das Allerwichtigste, da der Rest ja neuerdings von einer Maske bedeckt wird. Ich hänge mich jetzt weit aus dem Fenster, das ist mir klar, aber es gibt Gebiete, auf denen mein Leben durch Corona wirklich Klassen besser geworden ist. Fehlende Interaktion mit Fremden Menschen zum Beispiel. Ich habe das nicht geschätzt, weder den Handschlag, bei dem man immer zu fest oder zu lasch ist (interessanterweise finde ich einen zu laschen Handschlag ja viel belastender als einen zu festen, zu fest führt hin und wieder zu der Frage, warum man den doofen Ring eigentlich rechts trägt, aus handhygienischen Gründen (und das ist ein anderes Thema, sprechen Sie mich gerne noch mal darauf an) ja sowieso alles totaler Irrsinn, und wenn dann noch jemand sehr resolut auftritt, dann ist das halt schon mal schmerzhaft). Drücken ist sowieso totales No Go, entweder ich drücke aus vollem Herzen, dann aber auch echt, oder ich drücke nicht. Am schwierigsten ist Bussi Bussi, da ich da interkulturelle Probleme habe. Niederländer küssen dreimal, rechts links rechts. Deutsche küssen gerne zweimal, und dann ist man schnell der Idiot, der sich mit einem dritten Kuss aufgedrängt hat. Unfassbar schlimm: Bussi Bussi, wo nicht allen klar ist, welche Seite zuerst drankommt, dann hat man schnell mittig geküsst, auch im Kundengeschäft.
Für mich kann das alles weg, und da ist Corona zur Abwechslung mal hilfreich. Auch den Weg zum Supermarkt habe ich neulich bei 35 Grad mit mehr Fassung getragen als vor "der aktuellen Situation". Was noch schlimmer ist als der Tanz um die Bussis ist ja der Geruch von Menschen. Ich möchte Menschen nicht riechen, eventuell mit einigen Ausnahmen. Wenn ich im Supermarkt in der Schlange stehe und jemanden rieche, gehe ich weg. Ich habe Frau N. mal in einem Restaurant sitzenlassen, in dem man die Stühle kaufen konnte (Warum waren wir da noch mal?), weil in der U-Bahn jemand so ungeduscht war, dass ich aussteigen musste. Heute ist das alles ja sehr gut. Ich trage eine Maske, die ich bei Bedarf parfümieren kann. Weiß ich also an einem Samstag mit 35 Grad draußen, dass ich gleich in einen Supermarkt mit schwitzenden Menschen muss, dann sprühe ich ein wenig 4711 mit Pfirsich und Pfeffer auf die Maske, und dann stehe ich anschließend hinter stark schwitzenden ungeduschten Männern in Achselhemden in der Schlange (jaja, oder Frauen) und genieße jeden Atemzug.
So wohnt jeder Krise auch ein Zauber inne, und wenn es nur ist, dass ich niemanden mehr anfassen muss, den ich nicht anfassen möchte.
Frau Klugscheißer hat neulich mal einen Blogeintrag zum Thema Einsamkeit in der aktuellen Situation geschrieben, über den ich viel nachgedacht habe. Also grundsätzlich über die aktuelle Situation und was sie mit Menschen macht, und ob sie darüber sprechen wollen oder nicht, und wie Leute darauf reagieren, wenn man es tut. Mein persönlicher Lernerfolg: Ich spreche nicht mehr über mein Elend, denn es geht ja immer schlimmer, was es für mich nicht unbedingt besser macht. Wir alle, wirklich jeder von uns, hat irgendwas, was doof ist in der aktuellen Situation (außer natürlich alle Lehrer mit Ausnahme derer, die hier lesen, die sind super, kleiner Spaß). Für alle Menschen in Deutschland, in großen Teilen der Erde, hat sich das Leben drastisch geändert, mindestens im Lockdown, und für die wenigsten zum Guten. Nehmen wir mich zum Beispiel. Mein Kind ist 11 und sehr gut in der Lage, sich selber zu beschäftigen. Sehr gut. Er ist wahnsinnig gut in der Schule, man muss sich nicht sorgen. Sehr gut. Ich wohne für städtische Verhältnisse wirklich sehr toll, zumindest finde ich das, und das ist ja das Einzige, das in dem Kontext zählt. Sehr gut. Absurd viel Platz, ein ernstzunehmendes Draußen. Sehr gut. Damit habe ich aber auch das Recht, über die Situation, zu dritt auf 200 m2 für fünf Monate eingesperrt zu sein, zu klagen, auch schon verspielt. Wenn man dann theoretisch sagt, dass man sich ja vorher schon sehr an seinem Partner gerieben hat, dann kann man natürlich sehr schnell hören "Immerhin hast du eine Familie". Ja, richtig. Vielleicht ist man aber ein Mensch, der eigentlich dafür gebaut ist, allein zu sein, zumindest viele Stunden am Tag, und dann ist man in der Situation ja auch nicht gut aufgehoben. Wie wollen wir denn messen, wessen Schmerz schlimmer ist? Ich möchte sagen, dass ich mir das extrem gut vorstellen kann, in den letzten Monaten allein gelebt zu haben. Ich weiß aber auch, dass das auch scheiße gewesen wäre. Ist halt Pandemie. Ist scheiße. Ich schwenke zu meiner Mutter. Sie ist neulich 80 geworden, seit einem Jahr Witwe, im März zwei Tage vor Lockdown nach Düsseldorf, 50 Meter fußläufig von uns eingezogen. Als keiner mehr rausdurfte und wir uns organisieren mussten, beschlossen wir, dass wir uns einfach komplett abschotten und keinerlei Kontakte mehr haben, um meiner Mutter zu ermöglichen, in den ersten Wochen ihres Lebens, in denen sie allein wohnt (ja, 79 Jahre betreutes Wohnen) nicht direkt allein in ihrer Wohnung zu sitzen, sondern mit uns im Garten. Wir haben alles gestoppt und mit niemandem mehr Kontakt gehabt, um ihr das zu ermöglichen, ist sie ja Risikogruppe. Trotzdem war sie traurig. Denn ja. Viele, viele, viele 79Jährige in Deutschland wohnen nicht neben der Tochter mit dem Enkel und dem halben Streichelzoo und können einfach rundum die Uhr im Garten sitzen und ein bisschen sonnen. Viele können das nicht. Dennoch konnte sie viele Dinge nicht, die sie machen wollte, und mit 79 weiß man auch nicht, wie oft man noch mit dem Bekannten Kaffee trinken darf. Meine Schwester hat mich irgendwann im Rahmen einer freundlichen Intervention mit einem eigenen Zitat überzeugt. Nur, weil in Afrika Kinder sterben, ist mein Leben nicht vollumfänglich super. Das ist nicht böse gemeint, und ich brauche jetzt auch keine Belehrung, danke. Was ich sagen möchte: Jeder hat sich selber als Referenzmaß, und es geht immer schlimmer, das macht das eigene Leiden aber nicht wett. Letzte Woche hab ich mir eine eingefangen, weil ich über meine berufliche und wirtschaftliche Situation klagte, die von extrem gut zu extrem umkalkulierbar zerflossen ist in der aktuellen Situation. Denn ja, es gibt immer eine Berufsgruppe, der es noch schlechter geht als einem selbst. Bestimmt. Ich weiß nicht, wo da unten ist, aber ich sag's mal so, für den Moment ist meine Situation wirklich eher mittel. Sicherlich geht es Soloselbständigen auch schlecht. Dadurch fühle ich mich nicht besser. Meine Mutter hat uns, aber das macht nicht alles wett. Und ich habe Platz, Familie, Tiere und Garten, aber auch ich bin nicht glücklich. Künstler sind pleite, na gut. Andere auch. Es wird eine Zeit nach Corona geben, und jetzt lehne ich mich noch weiter aus dem Fenster: In meinem Umfeld sind die Leute, deren Existenz von der Entwicklung der aktuellen Situation abhängen, einfach mal ein paar Wochen mit dem Arsch zuhause geblieben. Ich kenne viele Richter. Kroatien und Spanien. War ja auch alles sehr anstrengend mit dem Lockdown. Eventuell ist eben niemand glücklich. Weil das eben 2020 ist, das Jahr, in dem alle unglücklich sind. Und weil man in der Sekunde, in der man sagt, dass man leidet, sofort gesagt bekommt "aber du hast doch Familie und einen Garten", sage ich zu dem Thema halt nix mehr. Und ja, das ist eigentlich schade, weil man so immer nur vor die Fassade guckt. Für mich ist das super. On paper, I'm gold!
Mehr kann ich gar nicht sagen. Ich weiß nicht, was man tun muss, um im Leben glücklich zu werden, ich habe mich eher auf Grammatikthemen spezialisiert. Ich habe aber Dinge entdeckt, die Spaß machen und die mir das Leben versüßen. Morgens mit Frau N. und Cucina Casalinga per Video zusammenschalten und gegenseitig beim Tippen zugucken. Das hat übrigens mein Kind in dem gesamten Lockdown auch gemacht. Und das ist verrückt, weil es wirklich gut funktioniert. Wir sitzen uns gegenüber und ignorieren uns, und das macht mehr Spaß als alleine irgendwo zu sitzen. Ich war ja nie großraumgeeignet, aber das könnte für mich die perfekte Arbeitsatmosphäre sein. Und dann muss man sich natürlich auch in schweren Zeiten - ich möchte sagen gerade in schweren Zeiten - politisch engagieren. Deshalb war ich heute kurz bei Düsseldorfs namhaftesten Künstler und Radfahrer, um mit ihm unsere Gemeinschaftskandidatur für Düsseldorf zu besprechen. Bürgermeister ist ja ein sichererer Job als Unternehmer, und man muss sein Schicksal einfach selbst in die Hand nehmen. Im Gegensatz zu exakt allen anderen Wahlkampffotos, die Sie so antreffen auf der Welt, haben wir nicht nur Masken auf (können Sie nicht sehen, ist aber so wegen drinnen und Aerosole), sondern wir haben mithilfe von Profiwerkzeug zu jedem Zeitpunkt kontrolliert, dass die 1,50m Abstand eingehalten waren. Allein damit muss man schon gewinnen.

Abschließend sei noch gesagt: Pink = Künstler, Ringelsocke = ich. Sollten Sie sich fragen.
In den Augen spüre ich den nicht. Und das ist ja das Allerwichtigste, da der Rest ja neuerdings von einer Maske bedeckt wird. Ich hänge mich jetzt weit aus dem Fenster, das ist mir klar, aber es gibt Gebiete, auf denen mein Leben durch Corona wirklich Klassen besser geworden ist. Fehlende Interaktion mit Fremden Menschen zum Beispiel. Ich habe das nicht geschätzt, weder den Handschlag, bei dem man immer zu fest oder zu lasch ist (interessanterweise finde ich einen zu laschen Handschlag ja viel belastender als einen zu festen, zu fest führt hin und wieder zu der Frage, warum man den doofen Ring eigentlich rechts trägt, aus handhygienischen Gründen (und das ist ein anderes Thema, sprechen Sie mich gerne noch mal darauf an) ja sowieso alles totaler Irrsinn, und wenn dann noch jemand sehr resolut auftritt, dann ist das halt schon mal schmerzhaft). Drücken ist sowieso totales No Go, entweder ich drücke aus vollem Herzen, dann aber auch echt, oder ich drücke nicht. Am schwierigsten ist Bussi Bussi, da ich da interkulturelle Probleme habe. Niederländer küssen dreimal, rechts links rechts. Deutsche küssen gerne zweimal, und dann ist man schnell der Idiot, der sich mit einem dritten Kuss aufgedrängt hat. Unfassbar schlimm: Bussi Bussi, wo nicht allen klar ist, welche Seite zuerst drankommt, dann hat man schnell mittig geküsst, auch im Kundengeschäft.
Für mich kann das alles weg, und da ist Corona zur Abwechslung mal hilfreich. Auch den Weg zum Supermarkt habe ich neulich bei 35 Grad mit mehr Fassung getragen als vor "der aktuellen Situation". Was noch schlimmer ist als der Tanz um die Bussis ist ja der Geruch von Menschen. Ich möchte Menschen nicht riechen, eventuell mit einigen Ausnahmen. Wenn ich im Supermarkt in der Schlange stehe und jemanden rieche, gehe ich weg. Ich habe Frau N. mal in einem Restaurant sitzenlassen, in dem man die Stühle kaufen konnte (Warum waren wir da noch mal?), weil in der U-Bahn jemand so ungeduscht war, dass ich aussteigen musste. Heute ist das alles ja sehr gut. Ich trage eine Maske, die ich bei Bedarf parfümieren kann. Weiß ich also an einem Samstag mit 35 Grad draußen, dass ich gleich in einen Supermarkt mit schwitzenden Menschen muss, dann sprühe ich ein wenig 4711 mit Pfirsich und Pfeffer auf die Maske, und dann stehe ich anschließend hinter stark schwitzenden ungeduschten Männern in Achselhemden in der Schlange (jaja, oder Frauen) und genieße jeden Atemzug.
So wohnt jeder Krise auch ein Zauber inne, und wenn es nur ist, dass ich niemanden mehr anfassen muss, den ich nicht anfassen möchte.
Frau Klugscheißer hat neulich mal einen Blogeintrag zum Thema Einsamkeit in der aktuellen Situation geschrieben, über den ich viel nachgedacht habe. Also grundsätzlich über die aktuelle Situation und was sie mit Menschen macht, und ob sie darüber sprechen wollen oder nicht, und wie Leute darauf reagieren, wenn man es tut. Mein persönlicher Lernerfolg: Ich spreche nicht mehr über mein Elend, denn es geht ja immer schlimmer, was es für mich nicht unbedingt besser macht. Wir alle, wirklich jeder von uns, hat irgendwas, was doof ist in der aktuellen Situation (außer natürlich alle Lehrer mit Ausnahme derer, die hier lesen, die sind super, kleiner Spaß). Für alle Menschen in Deutschland, in großen Teilen der Erde, hat sich das Leben drastisch geändert, mindestens im Lockdown, und für die wenigsten zum Guten. Nehmen wir mich zum Beispiel. Mein Kind ist 11 und sehr gut in der Lage, sich selber zu beschäftigen. Sehr gut. Er ist wahnsinnig gut in der Schule, man muss sich nicht sorgen. Sehr gut. Ich wohne für städtische Verhältnisse wirklich sehr toll, zumindest finde ich das, und das ist ja das Einzige, das in dem Kontext zählt. Sehr gut. Absurd viel Platz, ein ernstzunehmendes Draußen. Sehr gut. Damit habe ich aber auch das Recht, über die Situation, zu dritt auf 200 m2 für fünf Monate eingesperrt zu sein, zu klagen, auch schon verspielt. Wenn man dann theoretisch sagt, dass man sich ja vorher schon sehr an seinem Partner gerieben hat, dann kann man natürlich sehr schnell hören "Immerhin hast du eine Familie". Ja, richtig. Vielleicht ist man aber ein Mensch, der eigentlich dafür gebaut ist, allein zu sein, zumindest viele Stunden am Tag, und dann ist man in der Situation ja auch nicht gut aufgehoben. Wie wollen wir denn messen, wessen Schmerz schlimmer ist? Ich möchte sagen, dass ich mir das extrem gut vorstellen kann, in den letzten Monaten allein gelebt zu haben. Ich weiß aber auch, dass das auch scheiße gewesen wäre. Ist halt Pandemie. Ist scheiße. Ich schwenke zu meiner Mutter. Sie ist neulich 80 geworden, seit einem Jahr Witwe, im März zwei Tage vor Lockdown nach Düsseldorf, 50 Meter fußläufig von uns eingezogen. Als keiner mehr rausdurfte und wir uns organisieren mussten, beschlossen wir, dass wir uns einfach komplett abschotten und keinerlei Kontakte mehr haben, um meiner Mutter zu ermöglichen, in den ersten Wochen ihres Lebens, in denen sie allein wohnt (ja, 79 Jahre betreutes Wohnen) nicht direkt allein in ihrer Wohnung zu sitzen, sondern mit uns im Garten. Wir haben alles gestoppt und mit niemandem mehr Kontakt gehabt, um ihr das zu ermöglichen, ist sie ja Risikogruppe. Trotzdem war sie traurig. Denn ja. Viele, viele, viele 79Jährige in Deutschland wohnen nicht neben der Tochter mit dem Enkel und dem halben Streichelzoo und können einfach rundum die Uhr im Garten sitzen und ein bisschen sonnen. Viele können das nicht. Dennoch konnte sie viele Dinge nicht, die sie machen wollte, und mit 79 weiß man auch nicht, wie oft man noch mit dem Bekannten Kaffee trinken darf. Meine Schwester hat mich irgendwann im Rahmen einer freundlichen Intervention mit einem eigenen Zitat überzeugt. Nur, weil in Afrika Kinder sterben, ist mein Leben nicht vollumfänglich super. Das ist nicht böse gemeint, und ich brauche jetzt auch keine Belehrung, danke. Was ich sagen möchte: Jeder hat sich selber als Referenzmaß, und es geht immer schlimmer, das macht das eigene Leiden aber nicht wett. Letzte Woche hab ich mir eine eingefangen, weil ich über meine berufliche und wirtschaftliche Situation klagte, die von extrem gut zu extrem umkalkulierbar zerflossen ist in der aktuellen Situation. Denn ja, es gibt immer eine Berufsgruppe, der es noch schlechter geht als einem selbst. Bestimmt. Ich weiß nicht, wo da unten ist, aber ich sag's mal so, für den Moment ist meine Situation wirklich eher mittel. Sicherlich geht es Soloselbständigen auch schlecht. Dadurch fühle ich mich nicht besser. Meine Mutter hat uns, aber das macht nicht alles wett. Und ich habe Platz, Familie, Tiere und Garten, aber auch ich bin nicht glücklich. Künstler sind pleite, na gut. Andere auch. Es wird eine Zeit nach Corona geben, und jetzt lehne ich mich noch weiter aus dem Fenster: In meinem Umfeld sind die Leute, deren Existenz von der Entwicklung der aktuellen Situation abhängen, einfach mal ein paar Wochen mit dem Arsch zuhause geblieben. Ich kenne viele Richter. Kroatien und Spanien. War ja auch alles sehr anstrengend mit dem Lockdown. Eventuell ist eben niemand glücklich. Weil das eben 2020 ist, das Jahr, in dem alle unglücklich sind. Und weil man in der Sekunde, in der man sagt, dass man leidet, sofort gesagt bekommt "aber du hast doch Familie und einen Garten", sage ich zu dem Thema halt nix mehr. Und ja, das ist eigentlich schade, weil man so immer nur vor die Fassade guckt. Für mich ist das super. On paper, I'm gold!
Mehr kann ich gar nicht sagen. Ich weiß nicht, was man tun muss, um im Leben glücklich zu werden, ich habe mich eher auf Grammatikthemen spezialisiert. Ich habe aber Dinge entdeckt, die Spaß machen und die mir das Leben versüßen. Morgens mit Frau N. und Cucina Casalinga per Video zusammenschalten und gegenseitig beim Tippen zugucken. Das hat übrigens mein Kind in dem gesamten Lockdown auch gemacht. Und das ist verrückt, weil es wirklich gut funktioniert. Wir sitzen uns gegenüber und ignorieren uns, und das macht mehr Spaß als alleine irgendwo zu sitzen. Ich war ja nie großraumgeeignet, aber das könnte für mich die perfekte Arbeitsatmosphäre sein. Und dann muss man sich natürlich auch in schweren Zeiten - ich möchte sagen gerade in schweren Zeiten - politisch engagieren. Deshalb war ich heute kurz bei Düsseldorfs namhaftesten Künstler und Radfahrer, um mit ihm unsere Gemeinschaftskandidatur für Düsseldorf zu besprechen. Bürgermeister ist ja ein sichererer Job als Unternehmer, und man muss sein Schicksal einfach selbst in die Hand nehmen. Im Gegensatz zu exakt allen anderen Wahlkampffotos, die Sie so antreffen auf der Welt, haben wir nicht nur Masken auf (können Sie nicht sehen, ist aber so wegen drinnen und Aerosole), sondern wir haben mithilfe von Profiwerkzeug zu jedem Zeitpunkt kontrolliert, dass die 1,50m Abstand eingehalten waren. Allein damit muss man schon gewinnen.

Abschließend sei noch gesagt: Pink = Künstler, Ringelsocke = ich. Sollten Sie sich fragen.
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Montag, 24. August 2020
Play for Today
herzbruch, 21:51h
Das Baby wird nicht gegossen, einer der wichtigsten Sätze, wenn man befürchtet, dass das Baby sonst wirklich sehr groß wird. Wir haben uns akribisch dran gehalten, leider ohne Erfolg, das Baby hat mit 11 Schuhgröße 45 und überragt mich mit meinen sehr durchschnittlichen 1,70 inzwischen. Gut, dann ist das so. Dass es perspektivisch so sein wird, war immer klar, dass er im Endmaß meinen Mann mit seinen 2 Metern noch einmal überragen wird, ist seit Jahren Thema, wobei wir die Mediziner streng gucken und es dann so stehen lassen, scheint doch momentan erst mal das offensichtlichste Problem, dass es ab 1,95 besser ist, sich einen Schneider zu suchen, der einem Ärmel an Kleidung näht, die in einem sinnvollen Verhältnis zum Arm stehen. Das Faszinierendste an meinem Mann ist eventuell, dass uns zwar 30 cm trennen, wir aber bis auf 2 inch die gleiche Hosenbeinlänge tragen. Mein Mann ist kein Sitzriese, er ist ein Sitzmensch, ob er steht oder sitzt macht optisch wirklich überhaupt keinen Unterschied. Wie in diesem Video von The Cure, in dem alle so kurze Beine haben und das mir gerade nicht einfällt. Daher habe ich jetzt einen Ohrwurm eines anderen Liedes, und somit ist die Überschrift schon mal erledigt. Das andere Lied habe ich mir auf einem Konzert vor vielen Jahrzehnten mal gewünscht und habe den Titel zwischen zwei Liedern gebrüllt, und Robert Smith reagierte mit "Not yet", und ich war fast tot vor Glück. Aber ich glaube, in diese Richtung geht die Geschichte nicht weiter. Ich mache mal einen Schwenk.
Die Nachricht des Tages war heute der Rücktritt der Conways, zumindest für mich. Ich weiß nicht, ob Sie die kennen, Kellyanne ist sehr enge Beraterin von Donald Trump, seine Wahlkampfchefin schon 2016, berühmt für die Erfindung der Alternative Truth und harsch in die Kritik geraten, weil sie mal im Oval Office die Schuhe ausgezogen hat. Ich hätte noch andere Kritikpunkte gehabt, aber ich bin auch insgesamt sehr empfindlich. Ihr Mann, George Conway, nicht viel weniger irre, ist einer der aggressivsten Trump-Feinde in den USA, der seit Jahren einen Feldzug auf Twitter gegen den Chef seiner Frau führt und sich auf mehreren Ebenen organisiert hat, um eine Wiederwahl zu verhindern, hauptsächlich mit dem Argument, dass er Trump für vollkommen geistesgestört hält.
Und so habe ich also jahrelang die beiden verfolgt und mich immer, immer wieder gefragt, wie die zusammen abends am Esstisch sitzen. Ich halte das ja für ganz normale Leute schon für eine Kunst, jahrelang zusammen am Tisch zu sitzen, da muss man sich schon sehr anstrengen, noch interessante Themen zu finden. In diesem Fall handelt es sich aber um - und jetzt weiß ich schon wieder etwas nicht, nämlich... es gibt ja einen Superhelden, der eine weibliche Gegenspielerin hat. Ich habe aber ja insgesamt sehr wenig Ahnung von Superhelden, und ich kenne überhaupt nur eine einzige Mann-Frau Konstellation, also nehme ich die jetzt, es ist ja klar, was ich damit sagen möchte - Batman und Catwoman, und jetzt habe ich das zur Sicherheit im Internet noch mal recherchiert und bin mir nicht ganz sicher, ob ich den Vergleich noch sauber nach Hause kriege... Lange Rede, kurzer Sinn: Beide sind aus sehr unterschiedlichen und verfeindeten Lagern, das erscheint mir sehr kompliziert. Das war schwierig. Und heute scheint es mehr Metatext als Text zu geben, aber manchmal ist es eben so. Jedenfalls haben heute beide, nachdem ihr Kind getwittert hatte, dass sie schlechte Eltern seien, angekündigt, dass sie das zukünftig nicht mehr machen wollen und darum Ende August aussteigen. Und dann möchte ich sagen: Wollt ihr mich eigentlich verarschen? Über vier Jahre wird diese Farce aufrechterhalten, und jetzt, keine 3 Monate vor der Wahl, besinnt sich die Wahlkampfchefin auf ihre Familie und möchte zukünftig "less drama, more mama". Ich erinnere mich, dass ich vor 2 Jahren schon mal gesagt habe, dass einer von den beiden foul spielt und das ganz am Ende aufgelöst wird, alles andere sei ja überhaupt nicht vorstellbar. Und hier sehe ich jetzt meine große Chance, auch endlich mal eine eigene kleine Verschwörungstheorie zu platzieren, davon habe ich ja immer schon geträumt: Kellyanne war nie pro-Trump, sondern hat ihm nur die Stange gehalten, um dann auf dem letzten Meter seinen Hals zu brechen und ihn in dem Chaos allein zurückzulassen, Wiederwahl aussichtslos. Alles von langer Hand geplant. Und wenn es das nicht war, weil der Gedanke vollkommen irre ist, dann hat sie eventuell einfach keinen Bock, mit ihm zusammen vor die Wand zu fahren und steigt lieber vorher aus und macht es sich nett mit ihrem irren Mann. You pick. Am Ende hoffentlich das gleiche Ergebnis.
Ganz so unterschiedlich sind mein Mann und ich nicht, wenngleich aus sehr unterschiedlichem Holz. Ich denke, ich bin offen und gehe auf Dinge zu, mein Mann ist sehr skeptisch. Seine Skepsis erscheint mir solarbetrieben, da er ja Dinge mit Umwelt macht.
Okay, gescheitert. Ich dachte, ich kriege den Satz "Seine Skepsis erscheint mir solarbetrieben" sehr einfach verbaut, da Skepsis und Solar auf einer gewissen Ebene ihn sehr gut abbilden, aber nein. "SolarGetrieben" hätte es ein kleines bisschen besser gemacht, aber auch nicht so, dass noch eine interessante Geschichte dabei rumgekommen wäre. Der Satz ist deutlich besser anwendbar auf schüchterne Katzen als auf skeptische Ökos.
Bleibt höchstens noch zu sagen, dass das lange Elend, wie man am Rhein zu so langen dürren Kindern sagt, heute morgen Fieber hatte und wir deshalb mal wieder in Quarantäne sind. Das ändert eigentlich an meinem Leben ja überhaupt nix, lediglich die Zusammenstellung von Essenszutaten ist schwieriger, da man ja einfach nehmen muss, was man hat, weil man nicht raus darf. Gut, machen wir das so, wird schon nix Schlimmes sein, mit 11 hat man schon mal Dinge. Dennoch habe ich heute FFP2 Masken recherchiert und gekauft. Letzte Woche stand er mitten in einer Schlägerei in der U-Bahn, da Maskenverweigerer und normale Menschen aneinandergeraten waren und das ohne Hauen nicht lösen konnten. Die Schulkinder mit ihren doofen Alltagsmasken mittendrin. Da das nicht in Ordnung ist, gibt es zusätzlich zum gerissenen zweiten Satz auch kein pointiertes Ende heute.
Die Nachricht des Tages war heute der Rücktritt der Conways, zumindest für mich. Ich weiß nicht, ob Sie die kennen, Kellyanne ist sehr enge Beraterin von Donald Trump, seine Wahlkampfchefin schon 2016, berühmt für die Erfindung der Alternative Truth und harsch in die Kritik geraten, weil sie mal im Oval Office die Schuhe ausgezogen hat. Ich hätte noch andere Kritikpunkte gehabt, aber ich bin auch insgesamt sehr empfindlich. Ihr Mann, George Conway, nicht viel weniger irre, ist einer der aggressivsten Trump-Feinde in den USA, der seit Jahren einen Feldzug auf Twitter gegen den Chef seiner Frau führt und sich auf mehreren Ebenen organisiert hat, um eine Wiederwahl zu verhindern, hauptsächlich mit dem Argument, dass er Trump für vollkommen geistesgestört hält.
Und so habe ich also jahrelang die beiden verfolgt und mich immer, immer wieder gefragt, wie die zusammen abends am Esstisch sitzen. Ich halte das ja für ganz normale Leute schon für eine Kunst, jahrelang zusammen am Tisch zu sitzen, da muss man sich schon sehr anstrengen, noch interessante Themen zu finden. In diesem Fall handelt es sich aber um - und jetzt weiß ich schon wieder etwas nicht, nämlich... es gibt ja einen Superhelden, der eine weibliche Gegenspielerin hat. Ich habe aber ja insgesamt sehr wenig Ahnung von Superhelden, und ich kenne überhaupt nur eine einzige Mann-Frau Konstellation, also nehme ich die jetzt, es ist ja klar, was ich damit sagen möchte - Batman und Catwoman, und jetzt habe ich das zur Sicherheit im Internet noch mal recherchiert und bin mir nicht ganz sicher, ob ich den Vergleich noch sauber nach Hause kriege... Lange Rede, kurzer Sinn: Beide sind aus sehr unterschiedlichen und verfeindeten Lagern, das erscheint mir sehr kompliziert. Das war schwierig. Und heute scheint es mehr Metatext als Text zu geben, aber manchmal ist es eben so. Jedenfalls haben heute beide, nachdem ihr Kind getwittert hatte, dass sie schlechte Eltern seien, angekündigt, dass sie das zukünftig nicht mehr machen wollen und darum Ende August aussteigen. Und dann möchte ich sagen: Wollt ihr mich eigentlich verarschen? Über vier Jahre wird diese Farce aufrechterhalten, und jetzt, keine 3 Monate vor der Wahl, besinnt sich die Wahlkampfchefin auf ihre Familie und möchte zukünftig "less drama, more mama". Ich erinnere mich, dass ich vor 2 Jahren schon mal gesagt habe, dass einer von den beiden foul spielt und das ganz am Ende aufgelöst wird, alles andere sei ja überhaupt nicht vorstellbar. Und hier sehe ich jetzt meine große Chance, auch endlich mal eine eigene kleine Verschwörungstheorie zu platzieren, davon habe ich ja immer schon geträumt: Kellyanne war nie pro-Trump, sondern hat ihm nur die Stange gehalten, um dann auf dem letzten Meter seinen Hals zu brechen und ihn in dem Chaos allein zurückzulassen, Wiederwahl aussichtslos. Alles von langer Hand geplant. Und wenn es das nicht war, weil der Gedanke vollkommen irre ist, dann hat sie eventuell einfach keinen Bock, mit ihm zusammen vor die Wand zu fahren und steigt lieber vorher aus und macht es sich nett mit ihrem irren Mann. You pick. Am Ende hoffentlich das gleiche Ergebnis.
Ganz so unterschiedlich sind mein Mann und ich nicht, wenngleich aus sehr unterschiedlichem Holz. Ich denke, ich bin offen und gehe auf Dinge zu, mein Mann ist sehr skeptisch. Seine Skepsis erscheint mir solarbetrieben, da er ja Dinge mit Umwelt macht.
Okay, gescheitert. Ich dachte, ich kriege den Satz "Seine Skepsis erscheint mir solarbetrieben" sehr einfach verbaut, da Skepsis und Solar auf einer gewissen Ebene ihn sehr gut abbilden, aber nein. "SolarGetrieben" hätte es ein kleines bisschen besser gemacht, aber auch nicht so, dass noch eine interessante Geschichte dabei rumgekommen wäre. Der Satz ist deutlich besser anwendbar auf schüchterne Katzen als auf skeptische Ökos.
Bleibt höchstens noch zu sagen, dass das lange Elend, wie man am Rhein zu so langen dürren Kindern sagt, heute morgen Fieber hatte und wir deshalb mal wieder in Quarantäne sind. Das ändert eigentlich an meinem Leben ja überhaupt nix, lediglich die Zusammenstellung von Essenszutaten ist schwieriger, da man ja einfach nehmen muss, was man hat, weil man nicht raus darf. Gut, machen wir das so, wird schon nix Schlimmes sein, mit 11 hat man schon mal Dinge. Dennoch habe ich heute FFP2 Masken recherchiert und gekauft. Letzte Woche stand er mitten in einer Schlägerei in der U-Bahn, da Maskenverweigerer und normale Menschen aneinandergeraten waren und das ohne Hauen nicht lösen konnten. Die Schulkinder mit ihren doofen Alltagsmasken mittendrin. Da das nicht in Ordnung ist, gibt es zusätzlich zum gerissenen zweiten Satz auch kein pointiertes Ende heute.
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Sonntag, 23. August 2020
On the beach (schlimmes Lied, passt aber)
herzbruch, 23:08h
Auf manche Sätze ist man emotional nicht vorbereitet. Zum Beispiel, wenn die Bekannte aus dem Internet, der man vor nicht allzu langer Zeit noch eine Ode gewidmet hatte, plötzlich unvermittelt sagt "vielleicht haben wir uns auseinandergelebt", nur weil man sich vielleicht ein wenig kritisch zu der Pandemiefrisur geäußert hat und die Antwort auf die Frage, ob man die graue Strickjacke wegwerfen soll, ein bisschen sehr schnell kam (ja, aber das hatte ganz uneitle Gründe. Und kennen Sie diesen Sketch: "Mit wem würden Sie lieber schlafen? A: ihrer Frau oder B" - "B".) Dann sprach ich noch eine Produktempfehlung aus, die vehement, wirklich vehement abgekanzelt wurde, und dann war der Tag im Prinzip gelaufen.
Heute morgen habe ich für einen kurzen Moment so getan, als würde ich auch To Do Listen machen. Mache ich nur in absoluten Ausnahmefällen, und auch nur dann, wenn das vorgegebene Timing es nicht mehr ermöglicht, dass ich nachdenke. Ich habe mir vor einem Jahr, da habe ich mich beruflich von einer Position mit Assistenz wegverändert, ein Filofax gekauft, welches jetzt in erster Linie die Funktion erfüllt, dass Menschen erstaunt gucken, wenn ich es raushole. Es ist hellblau und wunderschön, ganz ordentlich, ohne Fingerflecken oder durcheinandergeratene Einlagen. Benutzen würde ich das nicht, wenngleich es mir sehr praktisch vorkommt, ich fürchte nur, dass ich zu alt bin, um mich hin zu einem Menschen mit einem sinnvoll geführten Filofax zu entwickeln. Ich blicke neidisch auf Menschen, die ganz zerfledderte Terminer mit sich rumtragen, aus denen am besten noch verschiedenfarbige Post Its oben rausgucken. Ich bin wirklich gut in Ordnungssysteme kaufen, aber ich habe noch nie eins benutzt.
Heute morgen schrieb ich auf meine To Do Liste, dass meine Tagesordnungspunkte Duschen, Sex, Saufen und Rauchen seien, und mal davon abgesehen, dass ich ja kein Erotikblogger bin und auch keiner werden möchte, hoffe ich ja sehr darauf, dass das ein willkürlicher Sonntag in meinem Leben Ü70 ist. Dann muss ich nämlich a) nix mehr machen (wenn jetzt die aktuelle Situation nicht noch weiter aus dem Ruder läuft, sonst wird es das Konzept "Rente" eh nicht mehr geben) und b) mich auch nicht mehr fit halten für irgendwelche Nachkommen. Seit genau 30 Monaten rauche ich nicht mehr, aber der Punkt, an dem ich mich als Nichtraucher bezeichnen würde, ist noch nicht gekommen. Ich halte natürlich erstmal durch, keine Frage, zum 2. Mal wieder anfangen nach langer Pause wäre ja auch wirklich irre, aber ich halte mir im Geiste die Möglichkeit offen, dass ich mich mit 70 in die Rente verabschiede, also komplett, und dann einfach nur noch das tue, was ich möchte. Die Immobilie dafür ist ausgesucht, an der niederländischen Nordseeküste, Wohnung, groß, Blick aufs Meer mit Dachterrasse. Groß, weil ich natürlich einen Grund brauche, aus dem Ona mich regelmäßig besucht, und die Appartements liegen in den Ferien bei mindestens 1200 Euro die Woche. Wenn Oma da wohnt, kommt man notgedrungen vorbei. Und wenn er gerade nicht vorbeikommt, dann hätte ich ja mein riesiges Panoramafenster mit Blick aufs Meer, davor stünde ein sehr hübscher aber dennoch bequemer Sessel, und in dem säße ich und rauchte und rauchte, natürlich mit einem Handschuh, gelbe Finger stoßen mich ab. Ich hätte auch die anderen Tagesordnungspunkte nach Belieben organisiert, und die Welt wäre sehr schön. Mit der Aussicht fällt das temporäre Nichtrauchen nicht so schwer. Also schon. Aber was will man machen. Hätte ich drei Wünsche frei, wären Zigaretten Medizinalprodukte, Alkohol würde nicht dick machen, und Frau N. und ich hätten uns nicht auseinandergelebt.
Heute morgen habe ich für einen kurzen Moment so getan, als würde ich auch To Do Listen machen. Mache ich nur in absoluten Ausnahmefällen, und auch nur dann, wenn das vorgegebene Timing es nicht mehr ermöglicht, dass ich nachdenke. Ich habe mir vor einem Jahr, da habe ich mich beruflich von einer Position mit Assistenz wegverändert, ein Filofax gekauft, welches jetzt in erster Linie die Funktion erfüllt, dass Menschen erstaunt gucken, wenn ich es raushole. Es ist hellblau und wunderschön, ganz ordentlich, ohne Fingerflecken oder durcheinandergeratene Einlagen. Benutzen würde ich das nicht, wenngleich es mir sehr praktisch vorkommt, ich fürchte nur, dass ich zu alt bin, um mich hin zu einem Menschen mit einem sinnvoll geführten Filofax zu entwickeln. Ich blicke neidisch auf Menschen, die ganz zerfledderte Terminer mit sich rumtragen, aus denen am besten noch verschiedenfarbige Post Its oben rausgucken. Ich bin wirklich gut in Ordnungssysteme kaufen, aber ich habe noch nie eins benutzt.
Heute morgen schrieb ich auf meine To Do Liste, dass meine Tagesordnungspunkte Duschen, Sex, Saufen und Rauchen seien, und mal davon abgesehen, dass ich ja kein Erotikblogger bin und auch keiner werden möchte, hoffe ich ja sehr darauf, dass das ein willkürlicher Sonntag in meinem Leben Ü70 ist. Dann muss ich nämlich a) nix mehr machen (wenn jetzt die aktuelle Situation nicht noch weiter aus dem Ruder läuft, sonst wird es das Konzept "Rente" eh nicht mehr geben) und b) mich auch nicht mehr fit halten für irgendwelche Nachkommen. Seit genau 30 Monaten rauche ich nicht mehr, aber der Punkt, an dem ich mich als Nichtraucher bezeichnen würde, ist noch nicht gekommen. Ich halte natürlich erstmal durch, keine Frage, zum 2. Mal wieder anfangen nach langer Pause wäre ja auch wirklich irre, aber ich halte mir im Geiste die Möglichkeit offen, dass ich mich mit 70 in die Rente verabschiede, also komplett, und dann einfach nur noch das tue, was ich möchte. Die Immobilie dafür ist ausgesucht, an der niederländischen Nordseeküste, Wohnung, groß, Blick aufs Meer mit Dachterrasse. Groß, weil ich natürlich einen Grund brauche, aus dem Ona mich regelmäßig besucht, und die Appartements liegen in den Ferien bei mindestens 1200 Euro die Woche. Wenn Oma da wohnt, kommt man notgedrungen vorbei. Und wenn er gerade nicht vorbeikommt, dann hätte ich ja mein riesiges Panoramafenster mit Blick aufs Meer, davor stünde ein sehr hübscher aber dennoch bequemer Sessel, und in dem säße ich und rauchte und rauchte, natürlich mit einem Handschuh, gelbe Finger stoßen mich ab. Ich hätte auch die anderen Tagesordnungspunkte nach Belieben organisiert, und die Welt wäre sehr schön. Mit der Aussicht fällt das temporäre Nichtrauchen nicht so schwer. Also schon. Aber was will man machen. Hätte ich drei Wünsche frei, wären Zigaretten Medizinalprodukte, Alkohol würde nicht dick machen, und Frau N. und ich hätten uns nicht auseinandergelebt.
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