Donnerstag, 8. April 2021
Helter Skelter
Wir haben da ja mal so einen Podcast gemacht, und an einer Stelle verriet Frau N das Geheimnis einer glücklichen Ehe: eine aktive Entscheidung. Meine Erfahrung ist, dass man sich auch aktiv dagegen entscheiden kann, aber das System ist ja das Gleiche und bildet mich insgesamt sehr ab: Eine Entscheidung muss her, und danach richtet man sein Leben dann neu aus.

Ich entscheide hiermit feierlich: Ich bin jetzt wieder gut gelaunt. Die Pandemie wird ja jetzt weggeimpft, die politische Klasse zerlegt sich ganz ohne weiteres Zutun einfach selbst, wir müssen nur zuschauen, ich habe an Baustellen geräumt, die lange abgesperrt waren und antizipiere Reparatur an der Straßenoberfläche, ich wünsche mir so unfassbar doll eine Impfung, habe aber mal kurz in Relation gesetzt, wie lange es noch dauern wird, bis ich vermutlich dran sein werde und wie lange ich schon wieder gelockdownt bin, was sich ja auch gar nicht anfühlt wie ein halbes Jahr, sondern eher wie vier Wochen, und dann muss ich das jetzt halt einfach nur eben noch ein bisschen aushalten, und dann wird ja die Welt signifikant besser, ich werde Schlingensief und Kentridge sehen, ein neues Auto mit perfektem Blinkgeräusch fahren, die Menschen, die mir fehlen, treffen mit Anfassen, ohne dass am Ende einer stirbt, es wird draußen nicht schneien, das Semester wird vorbei sein, meine Haare werden lang, seidig und grau sein, und insgesamt wird die Welt sehr gut werden. Ich werde jeden Tag ein Quell der Freude für mich und meine Umwelt sein, lachen, draußen rumlaufen und alles einfach nur noch schön finden. Leider wird vermutlich der Kontakt zu Frau N abbrechen müssen, ich denke nicht, dass sie mit meinem lebensbejahenden neuen Ich gut zurechtkommen wird. Aber man kann natürlich nicht alles haben. Vielleicht gewöhnt sie sich aber auch.

So, das ist der Plan. Und wenn jetzt auch nur eine:r hier zu Wort meldet mit "alles bleibt schlecht", dann ist hier RICHTIG was los.

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Dienstag, 6. April 2021
Peek-a-boo (keine Ahnung, wo der herkam)
Es schneit, ich hänge mit der Arbeit so weit hinterher, dass ich vor lauter Ohgottohgott gar nicht mehr arbeiten kann, es ist immer noch Pandemie, es ist immer noch Lockdown, der eigentlich in Gänsefüßchen muss, weil man alles, was doof ist, ja weiter macht und nur das, was total sinnlos als Pandemiebekämpfungsalleinmittel ist, dafür aber Spaß macht, weiterhin verboten bleibt, ich bin auf mehreren Ebenen in großer Sorge, und das Einzige, was mir da jetzt zur Ablenkung noch einfällt ist die Bestellung eines neuen Autos. Check. Das nervt natürlich immens, weil dauernd eine Auswahl getroffen werden muss (Fahrzeugfarbe: schwarz. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie ein nichtschwarzes Auto gefahren, damit fange ich jetzt auch nicht mehr an), bei vielen Wahlmöglichkeiten würde mir die Entscheidung ja sehr leicht fallen, da es aber immer vollkommen sinnlose und produktionsabhängige Faktoren gibt (wenn Sie die Business-Telefon-XY wollen, dann nur in Kombination mit roten Nähten in den Sitzen, die kosten noch mal 1000 Euro extra), das macht mich irre, das untergräbt nämlich meine standardisierte Entscheidungsfindungsmatrix. Ich möchte mich bitte nur mit relevanten Entscheidungen beschäftigen, nicht mit irgendwelchen Nupsis und Schaltwippen und Felgen, die ich leider mitbestellen muss, wenn ich einen Rückfahrsensor haben möchte.

Wenn man aus dem Volvo kommt, ist man ja ganz viel Assistenzquatsch gewöhnt, den gibt es in dem Umfang leider nicht, ich werde das sehr vermissen. Immerhin hat das jetzige Auto mich gelehrt, beim Spurwechseln den Blinker zu setzen, egal, ob das jemand sieht oder nicht, sonst würde nämlich keine Spur gewechselt. Etwa 10 Mal in den zwei gemeinsamen Jahren performte das Auto ungefragt eine Vollbremsung, einmal hat es eventuell damit mir und Ona das Leben gerettet, dafür bin ich sehr dankbar. Die anderen 9 habe ich ihm nicht übel genommen, erstens ist man anschließend schön wach, zweitens dachte ich ja immer, dass das Auto das dann auch macht, wenn es drauf ankommt, und irgendwann war der Moment dann da. Sehr übel genommen habe ich das unrhythmische Blinkgeräusch, ich habe das mehrfach erwähnt. Es sind die kleinen Dinge, die über eine gemeinsame Zukunft entscheiden. Wer arhythmisch blinkt, hat unter mir nichts zu suchen. Da bin ich hart.

Also ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Ich muss mein sehr ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis ein wenig anpassen. Ich brauche nicht so viel Panzer um mich rum, und ich kann auch aufpassen und selber bremsen. Soviel Autarkie muss möglich sein, ich bin ja erwachsen. Zudem will ich nicht mehr so viel Brennstoff verbrennen, und ja, ich habe alle Diskussionen über alternative Antriebe mit dem Ökologen, der hier wohnt, geführt, man muss aber andererseits auch rationale Entscheidungen treffen, und mit dem Auto in Urlaub fahren, weil man ja nicht fliegt und und und. Dann halt Hybrid. So ist das dann jetzt. Und in klein. Der Hund wird sehr traurig sein, andererseits soll sie froh sein, dass sie überhaupt mitgenommen wird, wer so Scheiße an der Leine läuft, bleibt bei weniger netten Frauchen sowieso zuhause.

Eine Sache muss jetzt noch gelöst werden. Das Auto wird in 3 Monaten in Seevetal abzuholen sein, dabei muss ich mein ganz altes Auto zum Verschrotten eintauschen. Mein ganz altes Auto hat aber keinen TÜV mehr, und das jetzt über den TÜV zu bringen für eine Fahrt... Sie kennen sich doch immer alle gut aus. Gibt es Verschrottungsfahrtkennzeichen oder Ähnliches?

Und jetzt bitte alle Daumen drücken, dass wenigstens das Wetter sich wieder erholt. Das Auto war die letztmögliche Eskalationsstufe.

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Sonntag, 4. April 2021
If
Sie können mich ja jetzt alle für hysterisch halten, ich lebe damit. Aber ausgelöst durch eine gewisse Grundunentspanntheit in den letzten Wochen, dem Bewusstsein, dass einem auch wirklich sehr doofe Dinge im Leben passieren können und dann nicht zuletzt noch einem Tweet habe ich heute auf dem kleinen Dienstweg meinen Nachlass geregelt. Also eher, was ich zurückließe, wenn der Gatte und ich aus Versehen beide Covid-19 hätten und beide ins Krankenhaus müssten (oder vor einen Baum führen. Oder vom Meteoriten getroffen würden). Finden Sie makaber? Beileibe nicht. Ich prävisualisiere, das mache ich in schwierigen Situationen so, und das gibt mir die innere Ruhe, dass ich ja dann genau weiß, was passieren würde, wenn X. Tritt X nicht ein: Umso besser. Träte X doch ein, wäre das dann für mich ein Problem, für alle anderen aber nicht, und das beruhigt mich ungemein.

Stellen wir uns also kurz vor, Vater und Mutter Herzbruch wären beide zeitgleich krankenhauspflichtig malade. Wäre Ona positiv aber fit, bliebe er erst eine Zeit zuhause, unter Beobachtung der geimpften Oma, die ja nebenan wohnt und sich mit Vorsichtsmaßnahmen kümmern könnte, bis er nicht mehr ansteckend wäre. Dann käme Frau N ins Spiel, die Kind und Hund (und meine Schuhe, die hat sie geschickt mitverhandelt) abholte und erstmal versorgte, bis wir entweder fit sind, oder halt nicht, und dann versorgt sie halt immer. Sie prävisualisiert bereits einen Umzug, man braucht dann ja mehr Platz, aber wir sind gut versichert. Und die Biokiste müsste zweimal die Woche kommen, mein Kind isst große Mengen. Die Eingangsfrage beschäftigte sich übrigens nur mit dem Kind, allerdings kam zwei Stunden später noch der Hinweis, dass der Hund dann aber auch ihrer sei. Nun gut. Es tut mir leid, Internet, der tolle Hund ist bereits weg. Der Kater würde bei der Oma bleiben, die haben ein ähnliches Aktivitätslevel und verstehen sich seit vielen Jahren sehr gut.

Damit ist das jetzt alles geklärt. Und ich kann ein weiteres Stück entspannen. Meistens ist es ja auch so, dass die Dinge, deren eventuelle Folgen man haarklein durchplant, dann auch gar nicht eintreten. Und das wäre ja super.

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