Freitag, 11. Juni 2021
Blow
In der von mir bewohnten Immobilie stehen nun Trocknungsgeräte, und das ist auf mehreren Ebenen sehr schlecht, aber wir haben ja einen Status von 'Schlecht' erreicht, wo intrapandemisch überhaupt gar nichts mehr jemals noch einen Unterschied machen könnte.

Beginnen wir mit der guten Neuigkeit: Es stehen also drei Trocknungsgeräte rum, ein riesiges im Keller, zwei kleine oben, eins in der Küche, eins an der anderen Seite der gleichen Wand im Wohnzimmer. Im Keller war ich überhaupt nicht, ich habe beschlossen, mich emotional nicht mehr zu involvieren, ich nehme an, wir werden merken, wenn es eines Eingriffs bedarf, zum Beispiel, weil es brennt, andernfalls läuft das Ding jetzt durch. Oben stehen zwei kleine, und jetzt können wir natürlich darüber diskutieren, ob ich darauf hätte bestehen sollen, nicht nur zwei Küchenunterschränke abzubauen, sondern auch noch den dritten, um mal zu gucken, ob dahinter auch noch der Putz abmuss, ja, wir können das diskutieren, hab ich aber nicht. So.

Darüberhinaus hat der Handwerker, inzwischen ja schon das vierte Gewerk, ich treffe dank des Rohrbruchs neuerdings ja mehr Menschen in der Woche, als in den letzten 16 Monaten zusammen, es immerhin geschafft, für die Verkleinerung des Raumvolumens eine sehr, wirklich sehr lokale Lösung zu finden. Somit sind Küche und Wohnzimmer nicht beeinträchtigt, außer durch zwei Dinge, aber dazu später.




Was natürlich sehr schlecht ist, ist die Erkenntnis, dass die Versicherung genau den Weg wählt, den ich neulich schon mal ironisch skizziert hatte. Der Trocknungs-Handwerker heute bezweifelte nämlich, dass eine 60 cm Backsteinwand 1 Meter über dem Schaden so voll Wasser sein kann, er könnte sich eher vorstellen, dass eine weitere Leitung leck sei. Da aber die weiteren Leitungen nicht mehr überprüft wurden, ist die Lösung nun, dass die Geräte erst einmal 2 Wochen oben stehen, dann kommt er wieder, und dann gucken wir mal, ob überhaupt irgend etwas passiert ist. Sonst muss man halt weitersuchen. Das begeistert mich natürlich, weil es einfach den zeitlichen Horizont ins nahezu Unendliche erweitert, und die Vorfreude auf ein Ende der aktuellen Situation kann ja nicht groß genug sein. Die Geräte sind seit 12.30h in Betrieb, und ich habe sie schon sehr lieb gewonnen. Das Geräusch, das sie verbreiten, erinnert mich an Interkontinentalflug, nur deutlich lauter. Nun bin ich ja beruflich in der Vergangenheit, also damals, als Menschen noch außerhalb ihrer eigenen vier Wände gearbeitet haben, sehr viel interkontinental geflogen, also mehr, als mir oder der Umwelt lieb gewesen wären, und bei so einem 15 Stunden Flug habe ich ja jedes einzelne Mal in Stunde 1 gedacht "Wenn ich jetzt 15 Stunden dieses Geräusch höre, können sie mich danach einliefern", eingeliefert wurde ich allerdings bis dato noch nicht, also scheint das Geräusch mich nicht in die Knie zwingen können. Dieses Wissen wird mir in den nächsten Wochen sehr zum Vorteil gereichen, und wenn ich mal nicht im Garten sitzen möchte und den Nachbarn zuhöre, wie sie im 30 Sekundentakt "MAAAARLOOOOON, LASS DAS" rufen, sondern drinnen, wo das Geräusch ist, dann kann ich einfach hin und wieder die Augen schließen und mir vorstellen, dass ich gleich in San Francisco lande und mein erster Weg mich zu Papalote Burritos führen wird. Und nichts könnte mich mehr erheitern, als diese Aussicht.

Das Raumklima ist übrigens inakzeptabel, aber das nur am Rande. Was ich als Altbauexpertin an dieser Stelle sagen möchte: Das Raumklima im Altbau ist *exzellent*, es sei denn, die 60 cm Backsteinwand ist bis obenhin voll Wasser gelaufen.

Abschließend möchte ich noch etwas zum Lebenslauf von Frau Baerbock sagen. Da ich beruflich ja mehr Politik und Berichterstattung verfolge, als mir gut tut, habe ich mich mit dem Thema überhaupt nicht beschäftigt. Und zwar aus folgendem Grund. Zwei Gründe, besser gesagt.

1) Ich sehe überhaupt gar keine Alternative. Laschet und CDU? Nein. Scholz und SPD? Beileibe, nein. Und dann ist ja schon Schluss.

2) *Grundsätzlich* finde ich es ja total richtig, sich anzusehen, ob ein:e politische Funktionsträger:in eine geeignete Qualifikation mitbringt. Ja, bin ich absolut bei. Wollen wir mal kurz über Spahn sprechen? Oder meine Freundin Frau Karliczek? Oder meine Allerlieblingsfreundin Frau Gebauer? Ich möchte gerne mal die Frage stellen, seit wann denn überhaupt Qualifikation *irgendeine* Rolle spielt bei der Vergabe politischer Ämter. Und wie verfahren wir mit all denen, die offensichtlich unqualifiziert im Amt sind? Die deutsche Bundesbildungsministerin ist Hotelkauffrau. Und der sitzt tief. (Gut, dass ich da raus bin. Und nein, ich habe nichts gegen Hotelkaufleute. Im Gegenteil, ich wäre gerade nirgendwo lieber als in einem Hotel. Aber für die Funktion stelle ich mir ein sehr konkretes Profil vor. Und das sieht anders aus.)

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Sonntag, 6. Juni 2021
Closet
Ein Tag Sonne, Gartenbüro und Vitamin D-Produktion und zack, wieder vorbei. Damit ist der Frühling wohl offiziell dieses Jahr ausgefallen, und das ist insofern schade, dass ich ja nur im Frühling optimistisch und zugewandt bin. Naja, dann fällt diese Periode 2021 auch aus.

Immerhin scheint das Liebesleben meiner Mutter wieder geordnet, der Hase war via WhatsApp (und dann soll mal eine sagen, die Generation 80+ kann nicht mit Medien umgehen) aus der Gemeinschaft ausgestiegen, dann ist er per Telefon wieder eingestiegen, und da meine Mutter grundsätzlich optimistisch und zugewandt ist, ist er sogar damit durchgekommen. Anders als ich, ich habe ein anderes Medium bedient, die Aktion war allerdings ähnlich, und damit ist die Geschichte durch. Ich habe dazu eine Theorie: Es liegt am Alter. Mit 80 lebt man vielleicht in dem Bewusstsein, dass nicht mehr so wahnsinnig viel kommen mag, und dann muss dafür gesorgt werden, dass jeder Tag zählt. Aus dem Grund isst meine Mutter seit einem Jahr nur noch Dinge, die sie essen möchte, sie hat 60 Jahre Wirsing gekocht wegen der Vitamine, das findet sie nicht mehr wichtig. Mit 44 muss man noch gut auf sich aufpassen, wer weiß, was noch alles kommt. Oder wer.

Heute morgen las ich ein Interview über Mode in Zeiten der Pandemie. Ich besitze ja auch in Pandemiemonat 16 noch immer keine Loungewear, und wenn ich mal so inventarisiere, wie tiefgreifend mein Leben und meine Einstellungen sich in den letzten 1,5 Jahren insgesamt verändert haben, komme ich zu dem Schluss, dass da auch nichts mehr kommen wird. Ich habe Dinge adaptiert, Loungewear bedient scheinbar keinen Punkt in meinem Leben, der bedient werden müsste.

Viele Punkte aus dem Interview teile ich vollkommen, die Lücke, die die Notwendigkeit des Umziehens gerissen hat, ist beachtlich. Ich stehe nach wie vor morgens auf, dusche und ziehe mich ordentlich an, wobei alles, was unbequem ist oder gebügelt werden muss, in der täglichen Rotation allerdings nicht mehr stattfindet. Manchmal verspüre ich den Wunsch, mich noch ordentlicher anzuziehen, dann gehe ich mit schicken Schuhen und loungewearuntauglicher Kleidung in den Supermarkt und kaufe Falafel. Ansonsten ist eigentlich alles wie immer. Ich habe Liebligsstücke, die kaufe ich einfach mehrmals, und nach einem kurzen Exkurs in die Welt der Farben trage ich seit bestimmt 2 Jahren wieder ausschließlich schwarz, an verrückten Tagen dunkelblau. Ich bin aufgewachsen in einem Haus, in dem nur Schwarz durchging, für meinen Vater gab es dazu keine Alternative. Nicht, dass er mir gesagt hätte, was ich tragen soll, aber auf wundersame Weise färbte das wohl ab. So trug ich also von 14 bis 35 ausschließlich Schwarz, manchmal Schwarzweiß, dann kam eine Phase, in der ich nahezu ausschließlich Dunkelblau trug, dann erweiterte ich in Richtung Altrosa und Hellblau als Bluse für berufliche Anlässe, und irgendwann stand ein großer Schlussverkauf mit Frau N an, und da kaufte ich dann "bunte" Sachen. Lustigerweise kann ich mich überhaupt nicht daran erinnern, die jemals getragen zu haben, immerhin habe ich sie gekauft, das steht fest.

Seit zwei Jahren kaufe und trage ich also wieder nahezu ausschließlich schwarz, im Büro ab und an eine weiße Bluse, aber man geht ja gar nicht mehr ins Büro, alles Bunte habe ich Frau N geschenkt. Vermutlich sehe ich jeden Tag gleich aus, aber das täuscht. Ich achte sehr auf Kleinigkeiten, und zu jeder der zig schwarzen Blusen habe ich eine eigene Meinung. Und - und das macht vielleicht den Grund aus, warum ich keine Loungewear brauche - ich freue mich jeden Morgen neu, dass ich jetzt XYZ anziehe. Beim Umräumen der Schrank-Liegeware von Winter auf Sommer ergab sich also folgendes Bild:



Die Hängeware wird nicht umgeräumt, Blusen und anverwandte Oberteile trage ich ganzjährig. Da sieht es jetzt so aus:



Und wenn Sie ganz aufmerksam schauen, dann können Sie vorhersagen, welches Teil beim nächsten Ausmisten auch die Besitzerin wechseln wird.

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Sonntag, 6. Juni 2021
Digest
Ich liege im Bett mit einem Glas Sekt, einer Tafel Schokolade und einem Buch, auf das ich mich sehr gefreut habe. Ich habe es im Juli 2020 von Herrn H. zum Geburtstag bekommen, hatte seitdem aber nie genug Ruhe, nach 10 Stunden beruflichen Lesens abends noch irgendetwas zu lesen, was länger als ein Tweet ist. Jetzt zwinge ich mich, und da ich mein ganzes Leben gelesen habe, konnte ich dieses Gemütlichkeitsgefühl direkt wieder abrufen. Die meisten Bücher meines Lebens habe ich auf dem Bauch liegend gelesen, das kann ich mit dem Halswirbelsäulen-Hattrick aber nicht mehr so gut abbilden. Also liege ich Oberkörper leicht erhöht auf dem Rücken, aber so wirklich richtig fühlt sich das nicht an.

Das zweite Problem, das sich auf Seite 17 abzeichnet: Das Buch holt mich nicht so ab. Um es mal mit Pädagogiksprech zu sagen. Ich brenne für Architektur. Insbesondere brenne ich, wie schon mein fachnaher Vater, für Bauhaus-Architektur, für die Bewegung dahinter, für De Stijl und Dessau und - ja, ich weiß, ich werde sehe monothematisch - für die Frauengeschichten dahinter. Truus Schröder hat dieses großartige Haus gebaut, in dem mir 2008 plötzlich im Rahmen einer Eingebung klar wurde, dass ich schwanger bin, das schweißt natürlich zusammen.

Dass die Bauhaus-Frauen, Schülerinnen und Ehefrauen, sich abwendeten von ?Der Architekt denkt, die Hausfrau lenkt?, hat den Grundstein gelegt dafür, dass ich 100 Jahre später einfach sagen kann ?Haushalt mach ich nicht?. Klar also, dass die Biographie von Ise Gropius, geschrieben von einer Architekturprofessorin, mir erschien wie das perfekte Buch. Wäre es doch nicht als Roman geschrieben.

Ich kämpfe mich morgen ein Stück weiter, aber es stört mich auf Seite 17 schon sehr. Wenn ich einen Roman lesen wollte, würde ich eine andere Autorin wählen. Und das ist doch auch eine wertvolle Erkenntnis. Ich bin kein Fan von ?biographischen Romanen?. Ich möchte eine Geschichte erzählt bekommen, dann aber bitte in super, oder ich möchte eine Welt, Personen, Zeiten besser verstehen. Und dann bitte als sachliche Biographie. In Biographien, die ich lese, darf niemand schlendern, nichts darf lugen und kein Busen wogen. Gut, ist so noch nicht passiert, die bisherigen Seiten geben mir allerdings das Gefühl, dass jeder Zeit geschlendert, gelugt oder gewogt werden könnten. Und bevor es hinterher wieder heißt, ich könnte ja gar nicht Tempus gut, lese ich lieber einfach weiter.

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