Sonntag, 6. Juni 2021
Digest
Ich liege im Bett mit einem Glas Sekt, einer Tafel Schokolade und einem Buch, auf das ich mich sehr gefreut habe. Ich habe es im Juli 2020 von Herrn H. zum Geburtstag bekommen, hatte seitdem aber nie genug Ruhe, nach 10 Stunden beruflichen Lesens abends noch irgendetwas zu lesen, was länger als ein Tweet ist. Jetzt zwinge ich mich, und da ich mein ganzes Leben gelesen habe, konnte ich dieses Gemütlichkeitsgefühl direkt wieder abrufen. Die meisten Bücher meines Lebens habe ich auf dem Bauch liegend gelesen, das kann ich mit dem Halswirbelsäulen-Hattrick aber nicht mehr so gut abbilden. Also liege ich Oberkörper leicht erhöht auf dem Rücken, aber so wirklich richtig fühlt sich das nicht an.

Das zweite Problem, das sich auf Seite 17 abzeichnet: Das Buch holt mich nicht so ab. Um es mal mit Pädagogiksprech zu sagen. Ich brenne für Architektur. Insbesondere brenne ich, wie schon mein fachnaher Vater, für Bauhaus-Architektur, für die Bewegung dahinter, für De Stijl und Dessau und - ja, ich weiß, ich werde sehe monothematisch - für die Frauengeschichten dahinter. Truus Schröder hat dieses großartige Haus gebaut, in dem mir 2008 plötzlich im Rahmen einer Eingebung klar wurde, dass ich schwanger bin, das schweißt natürlich zusammen.

Dass die Bauhaus-Frauen, Schülerinnen und Ehefrauen, sich abwendeten von ?Der Architekt denkt, die Hausfrau lenkt?, hat den Grundstein gelegt dafür, dass ich 100 Jahre später einfach sagen kann ?Haushalt mach ich nicht?. Klar also, dass die Biographie von Ise Gropius, geschrieben von einer Architekturprofessorin, mir erschien wie das perfekte Buch. Wäre es doch nicht als Roman geschrieben.

Ich kämpfe mich morgen ein Stück weiter, aber es stört mich auf Seite 17 schon sehr. Wenn ich einen Roman lesen wollte, würde ich eine andere Autorin wählen. Und das ist doch auch eine wertvolle Erkenntnis. Ich bin kein Fan von ?biographischen Romanen?. Ich möchte eine Geschichte erzählt bekommen, dann aber bitte in super, oder ich möchte eine Welt, Personen, Zeiten besser verstehen. Und dann bitte als sachliche Biographie. In Biographien, die ich lese, darf niemand schlendern, nichts darf lugen und kein Busen wogen. Gut, ist so noch nicht passiert, die bisherigen Seiten geben mir allerdings das Gefühl, dass jeder Zeit geschlendert, gelugt oder gewogt werden könnten. Und bevor es hinterher wieder heißt, ich könnte ja gar nicht Tempus gut, lese ich lieber einfach weiter.

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@arboretum
Würde mich sehr interessieren, wie Sie es fanden, aber falls nicht so großartig, bitte nicht zu böse, muss ja noch weiterlesen ;-)

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Das Buch fand ich sehr enttäuschend, denn es war nicht Fisch, nicht Fleisch. Als Roman taugte es nämlich auch nichts, total langweilig geschrieben. Wieso hat das niemand besser lektoriert?, fragte ich mich dauernd. Kein Spannungsbogen, keine guten Dialoge, szenisch überhaupt nicht gut gelöst. Eine Ortsangabe wie etwa Gropius und Isa sitzen im Café machen aus dem Beschriebenen noch lange keine Szene.

Ich habe ziemlich bald angefangen, es quer zu lesen. Und es bei nächster Gelegenheit wieder in die Bibliothek zurückgetragen. Zum Glück hatte ich es nur ausgeliehen.

Ich habe überhaupt nichts gegen biographische Romane oder romanhafte Biographien. Sie müssen nur gut geschrieben sein. Ist hier leider nicht der Fall. Schade, der Stoff an sich hätte mehr hergegeben.

Sachliche Biographien finde ich auch OK. Ist es aber auch nicht. Es ist einfach nur LANGWEILIG.

Mein Empfehlung: Lesen Sie quer und verschwenden Sie nicht weiter Ihre Lebenszeit. Es gibt bessere Bücher.

Und Herr H. kann nichts dafür, der Klappentext klang sehr vielversprechend.

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Ah ja, das beschreibt mein Bauchgefühl sehr gut. Als Roman ist das Buch für mich nach 17 Seiten schon nicht mehr verdaulich, und ich finde es so schade. Revedin hat doch sicherlich so viel zu erzählen. Vielleicht hätte ich es lieber gelesen, wenn sie einfach das gemacht hätte.

Vielleicht ziehe ich Waagstukken vor.

Und ja, der Klappentext klingt sehr nach einem Buch, das ich lesen möchte...

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Ja, machen Sie das. Meinen Kommentar neulich haben Sie gesehen?

Die Freundin hat sich daraufhin das Buch gekauft - ebenfalls auf Niederländisch. Das spricht sie zwar nicht, aber sie fand diese gebundene Ausgabe einfach viel schöner. Wenn ich sie richtig verstanden habe, hat die Autorin die gestaltet oder zumindest bestimmt. Die Freundin meinte, wenn man es sich laut vorlese, könne man sich doch recht viel vom Inhalt erschließen.

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Gesehen und gemerkt! Mal sehen, vielleicht kommt Revedin erst mal morgen wieder ins Regal und ich mach morgen einen Van den Broeck Tag...

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Vielleicht ist die Biographie Margarete Schütte-Lihotzky: Architektin - Widerstandskämpferin - Aktivistin von Mona Horncastle interessanter.

Deutschlandfunk Kultur sendete Anfang Januar 2020 ein Interview mit der Autorin.

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In der Nacht zum Sonntag wiederholte DLF Kultur die Sendung Die universelle Stadtführung. Es geht darum, wie wir Architektur wahrnehmen, unter anderem um unser "Fassadengedächtnis".

Ich weiß nicht, ob ich das tatsächlich als Stadtführung nutzen wollte, aber ich fand es interessant. Ich habe es mir auch heruntergeladen, um es nochmals nachzuhören.

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Im "Tagesspiegel" war gestern eine Besprechung des Buchs von Julia Jamrozik und Coryn Kempster: "Kinder der Moderne. Vom Aufwachsen in berühmten Gebäuden". Leider ist sie online nicht zu finden.

Es ist auch ein Buchtipp des Online-Architekturmagazins BauNetz.

Perlentaucher wies bereits im April auf die Rezension in der NZZ hin. In der NZZ gibt es auch Fotos von einigen Häusern.

Unter dem Artikel finden sich noch weitere, interessant wirkende Links.

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Ah, danke für den Tipp, da komm ich dran ;-)

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Gern geschehen. Die Rezension in der NZZ ist ausführlicher und bietet halt auch noch die Fotos.

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