Freitag, 31. März 2023
31.03.2023
Heute war ein anstrengender Tag, aber irgendwie komisch gut anstrengend, ich muss mich nach drei Jahren Mittagessen am Schreibtisch erst mal gewöhnen an andere Formen von Anstrengend. Morgens ging es erst einmal sehr in Zeitlupe los – Jonathan hatte erst zur 3. Stunde Unterricht, ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass wir versuchten, uns zu erinnern, wann er das letzte Mal Unterricht nach Stundenplan hatte, und wenn wir jetzt nicht wirklich sehr viel vergessen haben, dann kam das in diesem Kalenderjahr noch nicht vor. Ich meine, mich zu erinnern, dass Mittelstufenschüler nur eine Stunde Entfall an den Rändern haben dürfen, aber seien wir mal ehrlich, wenn nicht, ist uns das auch egal. In der Grundschule, mit zwei Jobs außer Haus, hätte uns das alles zerschossen. So haben wir lediglich abends ein sehr gut gelauntes Kind, weil nach Essen ja Schlafen an Stelle 2 der wachstumsbegleitenden Lieblingsaktivitäten steht. Mir soll’s recht sein, aber drei Monate ohne einen Tag Regelunterricht, das könnte man schon mal thematisieren, wenn man wollte. Will ich aber nicht, alles ist gut.

Dann war ich morgens mit Herrn H. beim Makler. Jetzt bitte nicht aufregen, wir versuchen die ganze Zeit ja schon, dass wir uns nicht aufregen, aber eigentlich war nun wirklich nicht geplant, dass wir dieses Jahr bei irgendeinem Makler sitzen, aber eventuell habe ich aus Versehen mitgekriegt, dass das Haus, in dem wir gerne alt werden würden, verkauft wird, und naja, ich würde zwar erst in 25 Jahren umziehen wollen, aber wenn es jetzt verkauft wird, dann muss man halt jetzt nachdenken. Es gibt sehr viele Wenns und Abers, aber irgendwie ist keins davon gut genug, um uns final abzuschrecken. Aber sagen wir mal so: Wenn ich demnächst zwei Altbauten mit einer Wärmepumpe versehen müsste, wäre ich schlecht gelaunt, aber wie das nun mal so ist bei uns, machen wir erstmal eine Excelliste, und dann sehen wir weiter.

Und dann habe ich eine Aktivität verfolgt, die auf dem Papier wie der absolute Horror scheint, allerdings war es erstaunlich nett, ich bin mit roten Preisen sehr einfach zu kriegen, aber das weiß ich schon sehr lange. Ich bin mit meinem Sohn und meiner Mutter ins Esprit-Outlet gefahren, um sie dort für die Konfirmation einzukleiden. Eigentlich wollte in erster Linie meine Mutter dorthin, sie war nämlich 1992 mal mit mir dort, und da hat sie sich einen gestreiften Hosenanzug gekauft und so einen Pullover, und das war wirklich sehr schön, vielleicht könnten wir noch mal gucken, ob es da noch Pullover gibt. Das Kind hingegen wollte unbedingt einen Anzug für die Konfirmation kaufen, aber keinesfalls einen, den jeder hat, und seien wir ehrlich, den trägt er nie mehr, nächstes Jahr passt da nix mehr von, aber gut. Ich hatte geguckt, was man wohl bei Hennes oder so für so einen Herrenanzug bezahlt, dann wollte Oma ins Outlet und dann kamen die Dinge sehr günstig zusammen, und dann war auch noch Mid-Season-Sale, und jetzt hat er ein Sakko, eine grasgrüne Hose und ein grasgrünes Hemd für zusammen 45 Euro, das ist dann wieder gut, wenn man morgens beim Makler war. Schön war der Moment, ich gebe es zu, als ich mein Kind – er ist gerade körperlich top in Schuss und hat Optimalmaße – erstmals im Anzug sah. Ich hoffe, er macht eine Banklehre, er kann das sehr gut tragen. Wie meine Mutter sagte: „Das macht auch eine sehr gute Figur“, wobei sie da natürlich die Dinge verwechselt. Es gibt Körper, dazu gehört zum Beispiel meiner, da muss man hoffen, dass etwas eine gute Figur *macht*, und dann gibt es Körper, die einfach eine gute Figut *haben*, dann muss der Schnitt nur noch irgendwie gut sein und zack, sieht man gut aus. So ist das halt, ich kenne das von Hörensagen.

Jedenfalls fand meine Mutter dann noch eine pinkfarbene Hose und mehrere pinkfarbene Shirts und ein Nadelstreifen-Jackett, und ich fand noch einen knallroten Trenchcoat, und dann kauften wir all diese Dinge für den Preis eines Anzugs bei Hennes, naja, und dann standen wir an der Kasse und mein Kind sagte: „Naja, dann sieht man uns wohl aus dem Weltall.“ Wenn er jetzt noch übt, bis zur Konfirmation zu sagen „aus dem Himmel“, dann sind wir bestens vorbereitet.
>

... link


Donnerstag, 30. März 2023
30.03.2023
Ich habe heute etwas gemacht, was ich sonst nie mache, und ich weiß nicht einmal, warum, das verunsichert mich ein wenig. Mein Kind spielte eine maßgebliche Rolle darin, das verunsichert mich ebenso, aber ich bin jetzt zu beschwert, also innerlich, um das zu Ende denken zu können. Ich habe übrigens neulich im Internet gelernt, dass das Wort zuende nicht existiert, ich war zeitlebens, also seit ich digital schreibe, darüber erbost, dass das immer in zünde autokorrigiert wird. Man schreibt es auseinander. Zu Ende. Das erbost mich noch viel mehr, für mich sind zuende und zu Ende semantisch zwei völlig unterschiedliche Dinge, und statt das H beim Thunfisch zu streichen, hätte man da ja mal drüber nachdenken können, aber Rechtschreibung muss keiner linguistischen Logik unterliegen, das wissen wir spätestens, seit irgendeine Kommission befand, dass Albtraum mit b und nicht mit p geschrieben werden muss, Auslautverhärtung hin oder her. Jedenfalls ist es so, dass ich das Wort zuende sehr häufig benutze, das sagt wahrscheinlich mehr über mich als über den Duden, und wenn Sie demnächst das Wort in einem meiner Texte sehen, dann wissen Sie, dass folgendes passiert ist: Ich schreibe: zuende ach nein, das Wort gibt es ja gar nicht, so ein Unsinn, aber gut, Rechtschreibung ist an vielen Stellen Unsinn, zu Ende.

Jedenfalls hatte Herr H heute Bürotag, und Ona und ich fuhren zu einem Gartenmarkt, weil er irgendeine ganz besondere Erde brauchte, weil er meiner Freundin einen Monstera-Ableger ziehen sollte, das klappte nicht, dann recherchierte er und kam zu dem Entschluss, dass er irgendein Zeugs dafür braucht, das etwa soviel kostet wie eine Monstera, und dann kauften wir das natürlich, dabei überlegten wir, was man abends essen könnte, und da wir beide Hunger hatten, wäre wirklich jedes Ergebnis möglich gewesen, dann zählten wir uns gegenseitig Mahlzeiten und ihren ernährungsphysiologischen Wert auf, dann erzählte ich aus meiner Kindheit, als die Wahl der Gerichte durch meinen Vater getroffen wurde, dem wirklich vollkommen egal war, ob die anderen Menschen das auch heute essen wollten, und wie viel besser unser System ist, und dann sollte ich Gerichte "von früher" aufzählen, und dann ging Ona zum Training und ich musste stundenlang Frikadellen mit Erbsen und Erbsen und Möhren und Kartoffeln kochen. Ich habe noch nie Frikadellen gemacht, und als ich las, wie man die herstellt, war ich etwas abgestoßen, stellte aber fest, dass das Kneten ja einfach die Küchenmaschine übernehmen könnte, danach war die gesamte Küchenmaschine mit rohem Ei und Hack versaut, wirklich überall, und das Ergebnis sah vollkommen unansprechend aus, im Speisefön dauerte das dann Stunden, ich hätte bis morgen früh in der Küche gestanden, wenn ich nicht entschieden hätte, einfach 16 Frikadellen im Ofen zu machen, denn Braten mit Spritzfett und allem sah ich für mich nicht.

Dann bekam ich auf Mastodon den Hinweis, man müsse unbedingt das rohe Hack mit den Händen kneten (ausgeschlossen wegen bah), ganz zur Not könne man auch ein Handrührgerät benutzen. Ich sehe es so: Ich kann natürlich einfach beschließen, dass ich mit 46 das erste und das letzte Mal in meinem Leben Frikadellen gemacht habe. Das ist jetzt erst einmal die naheliegendste Lösung. Ganz zur Not könnte ich natürlich ein Handrührgerät benutzen, aber die Not könnte ich mir ausschließlich so vorstellen:

Armageddon. Die Welt steht am Abgrund, alles ist weg, wahrscheinlich Klimawandel oder Atomkrieg. Überlebt habe ich, vielleicht noch ein paar andere Menschen, und Schweine und Rinder, damit man gemischtes Hack herstellen kann. Nein, das ist schon gar nicht realistisch, wenn es nur noch Schweine und Rinder gäbe, würde ich als letzte Überlebende nicht entscheiden, daraus Hack zu machen. Also noch mal neu: Es gibt nur noch gemischtes Hackfleisch, weil alles kaputt ist, bis auf eine sehr, sehr große Industrielocation, in der sich mehrere Tonnen gefrorenes und vorportioniertes gemischtes Hackfleisch befinden. Ich werde auf die Situation aufmerksam, und da es keine Pflanzen oder Tiere mehr gibt, weiß ich, dass das einzige auf der ganzen Welt, das ich noch essen könnte, dieses Hack ist, und da es keine Nudeln gibt und keine Burgerbrötchen, entscheide ich, Frikadellen zu machen. Und dann - ja, dann - würde ich wahrscheinlich die Entscheidung treffen, die Frikadellen mit einem Handrührgerät zu kneten. Den Gedankenstrang stört jetzt ein wenig, dass ich ja ein altbackenes Brötchen und Ei bräuchte, und wenn ich das hätte, würde ich vermutlich einfach das essen, keine Frikadelle, aber gut, das jetzt mal beiseite gelassen. Das wäre jedenfalls eine Situation, da würde ich diese Option ziehen.
>

... link


Mittwoch, 29. März 2023
29.03.2023
2023 rege ich mich über nichts auf, 2023 habe ich mein persönliches Equilibrium erreicht, 2023 ist alles schön. Politik betrachte ich von der Seitenlinie, bis auf ein spezielles Feld, aber das ist nicht mehr im Fokus, deshalb muss man sich da auch nicht so schlimm aufregen. Den Rest verfolge ich oder ich verfolge es nicht, und das ist natürlich perfekt, immer dann, wenn ich drohe, mich aufzuregen, verfolge ich es nicht mehr.

Was macht eigentlich Volker Wissing dieser Tage? Hat da mal jemand was gehört? In diesem oben beschriebenen, nervenschonenden Modell dringen ab und an so einzelne Begriffe bis zu mir durch, „Technologieoffenheit“, wenn man es durch politische Watte hört, klingt es eigentlich gar nicht so schlecht. Wer will nicht offen sein? Wer zweifelt an Technologie? Richtig. Niemand. Wenn wir Frauen und Transmenschen gegenüber offen sein wollen, dann ja wohl auch gegenüber Technologie, vor allem dann, wenn sie dazu führt, dass all unsere Leben komplett unberührt bleiben von Klima und Krieg und dem ganzen Quatsch. Wir müssen uns nicht ändern, wir brauchen nur schnell eine Technologie, die ermöglicht, dass alles genau so bleibt wie vorher, und schon betrifft uns das alles gar nicht mehr, wir müssen nur FDP wählen und zack, können wir weiter irgendwas verheizen und mit unserem alten Auto durch die Gegend fahren und dabei irgendwas verbrennen. Was ist das denn für ein Fetisch, dass man immer irgendwas verbrennen möchte? Ich möchte nichts verbrennen, von all den sehr guten Entscheidungen, die ich im Nachhinein betrachtet in den letzten Jahren getroffen habe, ist vielleicht die, keine Wendeltreppe aus dem Wohnzimmer in den Keller zu machen und zudem auch noch einen Kamin einzubauen, die allerbeste gewesen. Genau genommen habe ich die Entscheidung ja gar nicht getroffen, sondern ich habe einfach so lange prokrastiniert, bis in meinem Kopf irgendwas passiert ist, das es völlig absurd erscheinen lässt, einen Baum zu verbrennen, damit ich 12 Stunden nicht friere. Konsequenterweise muss man sagen: Die Leute, die sich einen 30 cm Weihnachtsbaum mit Ballen ins Wohnzimmer stellen, weil es sich nicht richtig anfühlt, einen großen Baum zu schlagen, sollten keinen Kamin haben. Ich bin da emotional angekommen.

Aber zurück zu den E-Fuels. Ich merke übrigens daran, dass ich nicht weiß, wie man das schreibt, dass ich das Thema aktiv ausgespart habe. Efuels. E-Fuels. Ist ja auch egal. Was ich in der Debatte verstanden habe, weil irgendwelche Menschen, die es gut beurteilen können, zum Beispiel, weil sie zu dem Thema forschen, zu bedenken geben, leuchtet mir ein: Wenn wir unfassbar viel Energie brauchen, um die herzustellen, dann wäre es doch vielleicht sinnvoller, diese Energie gar nicht erst dafür zu benutzen, dass mein Nachbar seinen Porsche damit betankt, dann könnte man die doch sofort in das Auto geben, gut, hab ich alles verstanden, ist recht niederkomplex. Eine wirklich interessante Wendung ist dann jedoch Lindners Idee, die Porschefahrer zu entlasten (und das ist wirklich lustig, geht es wirklich in Deutschland nur noch um Porsche? Meine Güte. Meine Güte), die E-Fuels/Efuels sind dann ja sehr teuer, logisch, da muss auch wieder entlastet werden. Und da möchte ich einen Gegenvorschlag machen.

Kennen Sie den Thermomix? Oder den Vorwerk Staubsauger? Ich schätze ja, dass die Leute, die so etwas kaufen, das tun, weil die teuer sind, nicht obwohl die teuer sind. Das ist doch der totale Luxus. Ein Gerät, das einfach 10 mal soviel kostet, wie vergleichbare Geräte, wenn man das hat, kann man es sich doch wohl leisten. Und jetzt habe ich ja gar keinen Porsche, und ich gebe zu, dass ich bei Autos, bei allem gespaltenen Verhältnis, sehr zu schätzen weiß, wenn man sich darin gut fühlt und nix scheppert. Aber. Ich würde, wenn ich Finanzministerin wäre, einfach mal darauf vertrauen, dass der Porsche, der ja jetzt bereits das ultimative Zeichen für Midlifecrisis und Wohlstand ist, noch viel viel mehr aufgewertet würde, wenn man ihn mit Gold betanken müsste. Ich stelle mir das so vor: Ich kaufe mir einen Porsche für 130.000 Euro, dann wirke ich schon reich, das ist doch sehr gut. Aber es bleiben ja Fragen offen: Ist er gekauft, ist er geleast, war er eventuell sogar nur gebraucht, usw. Wenn ich aber mit dem Porsche, der als einziges Auto auf der Königsallee noch ein echtes Motorgeräusch hat, mit Vollgas an der Ampel anfahren kann, obwohl ein Liter Efuel/E-Fuel 12 Euro kostet, dann sehen doch alle sofort: Die Frau hat es geschafft. Die fährt gleich an die eine Tankstelle, die für sie und die anderen Porsches in Düsseldorf noch betrieben wird, und dann tankt sie locker voll, und dann fährt sie wieder zum Spaß ein bisschen rund um den Kö-Graben. Wie viel mehr könnte man es denn noch geschafft haben? Mehr geht nicht.

Daher mein abschließendes Urteil: Ich bin total für Technologieoffenheit, ich finde es super, wenn alle für alles offen sind, sogar für Dinge, die offensichtlich gar keinen Sinn machen. Nur bitte keine Steuererleichterung für E-Fuels/Efuels. Das nimmt Stefan, Markus und Thomas den ganzen Spaß. Mach das nicht, Christian.
>

... link