Donnerstag, 3. September 2020
Dogs (Pink Floyd)
Haben Sie Kinder? Wenn ja: In wievielen WhatsApp Gruppen sind Sie? Und jetzt bitte kein Neid: Ich bin in keiner. Ich habe meinen Sohn so großgekriegt, dass weder in der Schule noch beim Hobby irgendjemand sich noch traut, mich zu fragen, ob ich vielleicht in eine WhatsApp Gruppe möchte. An dieser Stelle hätte ich mich überlegen fühlen, ein Gläschen Sekt einschenken und mich im Fauteuil zurücklehnen können. Hätte es nicht letztes Jahr einen sehr kleinen Moment der Unachtsamkeit gegeben. Seitdem bin ich ich der WhatsApp Gruppe der Welpenkäufer von Fienes Züchter.

So Idioten, die einen SUV fahren, kaufen auch Tiere beim Züchter, I hear you, ich hatte aber hier einen sehr guten Grund: Ich bin sehr hundeerfahren und traue mir gut zu, einen großen Hund zu führen. Als Fiene zu uns kam, war Jonathan allerdings 8, also klein, und uns war klar, dass wir den Mops natürlich sehr toll fanden, dass es aber Zeit ist, wieder einen richtigen Hund zu halten, die Lebenssituation gibt es her. Einen großen, mit richtigen Zähnen und allem Drum und Dran. Die Kombination von 8Jährigem, der auch mal mit dem Hund alleine ist und sich zwar sehr gut um Tiere kümmert, aber eben doch noch klein ist, und 40 Kilo Hund, von dem man erst mal nicht weiß, ob es Trigger gibt und wo seine Reizschwelle ist, fand ich keine gute Idee, daher entschied ich mich, zum ersten Mal nicht ein Tier aus dem Tierschutz zu beziehen und ihn selbst großzuziehen. Soweit.

Hundezüchter sind speziell, Erstwurf-Hundezüchter, die ihr gesamtes Wohnzimmer ausräumen, um mit den Kleinen eine Einheit zu bilden, erst recht. Verstehen Sie mich nicht falsch, der Züchter ist super, der Hund ist ganz hervorragend, ein kleines bisschen dumm und unglaublich gefällig, mit fast noch mehr Spielfreude als ich, also genau das, was man braucht, wenn man einen Jagdhund führt, ohne dass man jagt. Der Züchter hat es jedoch sehr gut verstanden, den Kontakt zu seinen Hunden zu halten. Es wird schon seeehr viel erkundigt. Letztes Jahr wurde dann der B-Wurf angekündigt, und ich witterte meine Chance. Ganz neue Hundebabies, die alten sind ja fast groß und vernünftig, leben auch alle noch, da kann man ja mal bei den anderen gucken. Aber nein, es gab eine WhatsApp Gruppe. Und da ich Angst hatte, dass ich hinterher die einzige Welpenkäuferin bin, die eine Einzelbetreuung erhält, ließ ich mich hinzufügen.

Fehler. Es gibt Bilder. Tausende von Bildern. Und der Trick ist: Die sehen alle genau gleich aus. Jonathan hat einen Handyhintergrund mit Bonnie drauf. Ich werde ihm das irgendwann mal sagen, dass das der falsche Hund ist. Sehen kann man es nicht. Schwarzer Labrador halt, sehr elegante Köpfe, man wird häufig angesprochen. Permanent sagt ein Hund in der Gruppe guten Morgen. Ein Hund! Und dann sagen natürlich alle anderen Hunde guten Morgen. Bei zwei Würfen kommen wir auf 17 Hunde. Alle sagen guten Morgen. Neulich hat Nele sich im Wald an der Nase gekratzt. Sofort kamen 15 Bilder hinterher von Geschwistern mit einem Kratzer an der Nase. Ich habe leider kein Foto von Fiene mit Kratzer an der Nase, und damit bin ich ganz offiziell die schlechteste Hundehalterin der Welt.

Heute kam also wieder eine Runde Bonnie Nele Asterix Annie blablabla sagen hallo, und ein Rüde trug einen Pullover. Er lag unterm Esstisch im Wohnzimmer und trug einen Pullover. Ja. Ich weiß. Es gibt bestimmte Hunde und Situationen, da ist ein Mäntelchen notwendig. Ich wollte nie einen solchen Hund haben, und für die rheinischen Winter ist Fiene bestens mit ihrem eigenen Mäntelchen ausgestattet. Labradore werden für die Entenjagd gezüchtet, die schwimmen also viel und gerne. Fiene schwimmt immer, 12 Monate im Jahr. Danach schüttelt sie sich und wir gehen schnell weiter, zuhause legt sie sich vor die Heizung. Das System funktioniert seit drei Jahren sehr gut. Silvester 2018/19 waren wir an der Mosel, und wie man es vorher so plant, wälzt der Hund sich vorm Frühstück in einem toten Fisch am Ufer, und ich machte das, was ich an der Stelle einfach immer mache: 20 Mal den Ball mitten in die Mosel werfen, holen lassen, danach ist alles sauber. Wie wir da so standen, Ende Dezember, keine Minusgrade, kam eine ältere Dame, deren sehr robust und überfüttert wirkender Mischling ein Daunenmäntelchen trug, und wollte gerne mit mir darüber sprechen, dass ich das Leben meines Hundes gefährde. Ich wendete ab mit dem Satz: "Entschuldigen Sie, Ihr Hund trägt ein Daunenmäntelchen, ich glaube, wir können uns nicht unterhalten." (Ich freue mich jetzt schon auf die Diskussion unten. Bitte listen Sie alle auf, was für einen Hund Sie fahren und welche Mäntel er besitzt. Ich lese das gern, gebe aber zu bedenken, dass mein Punkt ist: Mein Hund ist sehr robust und dafür ausgelegt, kein Mäntelchen zu tragen. Es geht ihm gut. Er wird es schaffen.)

Jedenfalls, wir kommen zurück zum Anfang, trug also ein Rüde einen Pullover auf dem täglichen WhatsApp Foto. Ich war sehr verwirrt, insbesondere, dass der Züchter nix sagte, der ist nämlich eigentlich sehr jagdlich unterwegs, und dann fragte irgendjemand, ob "der schon seinen Schlafili" anhabe. Die Antwort traf mich unerwartet, sie lautete "Nein, das ist unser Bademantel" (inklusives "unser"). Was dann geschah, war noch viel absurder, etwa die Hälfte der Menschen antwortete nämlich so etwas wie "oh toll, ich hab den in rot". Und dann schickte der Züchter einen Herzchensmiley.

Ich weiß ja, dass hier auch Tierärzte lesen, und bitte bringen Sie jetzt nicht mehr Weltbild ins Wanken. Ich möchte Fiene nicht nach dem Wald einen Bademantel anziehen, damit sie dann im Profikuschelbademantel vor der Heizung ein Kalbsbrustbein knabbern kann. Wenn Fiene nass aus dem Rhein nach Hause kommt, macht sie einfach das.


(mit freundlicher Genehmigung der Darsteller)

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Ich teile voll und ganz Ihre Meinung.

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Und das war mir wichtig ;-)

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Die zustimmung der Tierärztin freut mich.
Der Förster schüttelt auch regelmäßig den Kopf.

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Antrag auf Blogthema, bei dem ich mitklugscheißen kann, ich fühle mich marginalisiert.
Mit großer Anstrengung kann ich mir zwar ein Alternativleben mit Auto (welcher Verachtenswertheit auch immer), Kind (samt vorheriger Lobotomie) und Hund (alternative berufliche Abzweigung im Alter von ca. 19) vorstellen, aber mich strengt meine tatsächliche Persönlichkeit schon genug an.
Ja klar, mit dem Thema Menstruation konnte ich mich identifizieren, aber da liege ich ganz auf deiner Linie, das macht ja auch keinen Spaß.
(Hinweise, in diesem Blog gehe es nicht um mich, werden präventiv ignoriert.)

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Ach ja.
Sie sprechen ein schmerzhaftes Thema an, denn ja, es geht hier zwar nicht um Sie, es kann aber eigentlich auch nicht um mich gehen, das wäre ja sehr langweilig auf Dauer (wenngleich ich selber mich ja hochspannend finde, habe ich Verständnis, wenn das nicht jede/r teilt.) Ich erwähnte es bereits.

Ich habe keine Themen.

So sieht's aus. Ich bin nicht mehr so freigiebig mit Einblicken ins eigene Leben, scheint es, das wusste ich vorher auch nicht, war ja auch mal anders. Aber mein Leben besteht ja zu großen Teilen aus den Leben Anderer, und die wollen ja nicht zwingend bloggen, mit mir als Medium. Job ist off limits, da ich das rechtlich einfach nicht darf. Dass ich unter alten Silberrücken leide, wissen ja schon alle, Hund wurde gestern vermutlich auch final erledigt, zum Thema Menstruation habe ich auch nichts mehr hinzuzufügen. Und ansonsten erlebe ich ja nix. Naja schon, sehr spannende Dinge sogar, aber auch die werden hier keinen Raum finden. Bleibt also nur noch Küchenpsychologie, und da hätte ich ja jederzeit gedacht, wenn man richtig schlechte Küchenpsychologie hören möchte, kann man ja einfach irgendwas mit Richard David Precht gucken. Oder Sie bleiben hier und geben Input.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe derzeit wirklich keine Ahnung, worüber ich schreiben soll, was sehr schade ist, denn erstmals seit wirklich vielen Jahren hätte ich mal Lust dazu. An der Uni war das wirklich viel leichter, da habe ich jeden Tag hunderte von Irren getroffen. Hier treffe ich nur eine einzige: Mich.

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Also ein paar Vorschläge, es soll nicht der Eindruck entstehen, ich wollte mich bedienen lassen:
- Einrichtungsdinge, sowohl deren ästetischen als auch praktischen Aspekte.
- Interkulturelles: Du hast ja in verschiedenen Kulturen gelebt - könntest du daraus die für dich passendste zusammenstellen?
- Jede Art von Genervtheit, gerne auch über Details wie die Kurzlebigkeit von Reißverschlüssen (Serviervorschlag).
- Irre: Welche Branche bringt welche Sorte hervor?
Ich denke weiter nach.

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Hahaha. Da ist schon viel Gutes bei! Ich denke, mit den Irren könnte ich gut beginnen. Branchenbezogen, gerne, ich habe dazu Ideen.

Heute ist es so, dass ich mich mit schwierigen und belastenden Themen beschäftigen muss. Aber am anderen Ende des Tunnels wartet ein Feuerwerk!

Danke. Und gerne weiter Überlegen. Zu den interkulturellen Themen könnte ich sogar auch spontan Ideen haben. Sogar vor dem Hintergrund der aktuellen Situation!

(Und die Genervtheit könnte man einfach als Baseline unter alle Text legen, denke ich ;-) )

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Ein vorzüglicher Text. Labradoren was anziehen. Die haben ja nicht alle Latten am Zaun. Das sind doch Hunde, die in eiskaltem Wasser glücklich sind, aber im Sommer in der Provence am falschen Platz, weil die Wärme sie umbringt. Fast so schlimm wie die Haltung von Huskies in Mittelmeerländern. Vielleicht sollten Sie mal konsequent einen Gegentrend setzen und Winter-FKK-Fotos vom Hund in die Gruppe stellen.

Viel besser bin ich allerdings auch nicht. Ich schenke meiner Katze seit 17 Jahren was zu Weihnachten :-)

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Hier so:

Ich (möchte Saugroboter kaufen)
Der Mann: Keines dieser Dinger saugt so gründlich wie ich!
Ich: Das mag sein, aber du saugst nicht oft genug, und ich habe keine Lust dazu.

Katze (niest)

Ich: Das ist wegen dieser Birkendinger, wir müssten öfter staubsau...
Der Mann: Ruhe, ich lese Testberichte.

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Hundemäntel
Ich muss das einfach kommentieren, denn ich musste so herzlich lachen. Ich hatte bis vor einigen Jahren auch Retriever, stets mantellos. Aus 40 Kilo wurden 8, denn wir waren spontanverliebt in so einen Bolonkazwerg aus dem Tierschutz. Das Fell ist lang (wir schneiden nur, wenn der Hund zum Fellknoten wird), saugt sich schwammartig voll Wasser, filzt wieder Teufel, trocknet den ganzen Tag nicht und: Der Hund ist weiß (bzw. er sollte es sein). Das führt dazu dass wir für ihn:

- einen Regenmantel
- zwei Softshelljacken
- eine Winterjacke (ohne Daunen)

haben und uns total doof vorkommen. Aber ein deftiger Schnupfen nach einem Hochsommerregenguss hat uns gelehrt: Tiefergelegte Hundemodelle haben eben andere Ansprüche. Im Winter friert er durch die bodennahe Größe, trotz Wattebauschoptik.

Schoßhund halt - und schon irgendwie peinlich. Aber wir lieben ihn sehr :-).

Lieber Gruß

Sabine

PS: Nächstes Mal wird es wieder ein Retriever. Aber ohne W.A.-Guten-Morgen-Gruppe.

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Das ist ja total in Ordnung. Jedem Hund das, was er braucht! Wenn sie mich aber irgendwann im Wald dabei antreffen, wie ich wie eine Irre pfeife, weil Fiene bei -5 Grad unerlaubt in den Entengrützenteich gesprungen ist, äußern Sie einfach Empathie oder gehen Sie schweigend vorbei. Ich bin mir aber sicher, dass Sie das eh tun würden ;-)

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Falsch
Ich glaube, ich müsste laut und herzlich lachen und Sie hätten gleichzeitig mein vollstes Mitgefühl. Es kämen zudem Erinnerungen hoch an den abgelassenen Stadtteich, in dessen Matsch ein riesiger, schwarzer Hund voller Wonne jeden vergorenen Fischkörper über sich verteilte.

Es half kein 20 Mal ins saubere Wasser, kein Hundeshampoo, nicht einmal mein parfümiertes Shampoo... sie duftete mindestens eine Woche aromatisch nach "Surströmming".

Aber was wären wir nur ohne unsere Vierbeiner....

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Menschen mit sauberen Fußböden.

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.. und einem um vieles langweiligeren Leben!

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