Dienstag, 4. April 2023
04.04.2023
Heute bin ich auf den Brexit reingefallen, das dürfte einer erwachsenen Person ja auch nicht mehr passieren. Ich musste ja neulich Tauchequipment anschaffen, da ich beim letzten Meerurlaub das voll Programm abgeliefert hatte, erst Rücken verbrannt, dann Blasenentzündung vom Schnorcheln trotz Neoprenanzug, also war für den kommenden Tauchurlaub klar, dass längere Aufenthalte im Wasser ohne Anzug nicht wünschenswert werden, weder Sonnenbrand noch Blasenentzündung möchte ich regelmäßig in meinen Urlaub integrieren, und da wir dieses Jahr 9 Tage mit Schnorchelgebiet direkt vor Ort fahren (glaube ich, ich hatte mir jedenfalls die relevanten Informationen so zusammengereimt) entschloss ich, dass es nicht sinnvoll wäre, jeden Tag die Ausrüstung in der Tauchschule teuer zu mieten, zumal das jetzt das dritte Jahr ist, dass wir tauchen fahren, es zeichnet sich also ein Muster ab, und dann kaufte ich uns die entsprechende Ausrüstung. Neopren Shorties, das schien mir ausreichend, wenn der Unterschenkel kühl ist, komme ich klar, das Wasser ist auch nicht wirklich kalt, ich bin nur empfindlich. Ich recherchierte also, welche Produkte für Ona und mich die sinnvollsten wären, und landete für mich bei einer Marke, von der es hieß, die sei für Frauen mit Oberweite sehr gut. Ich fand sogar einen auf der Herstellerwebseite, der all das erfüllte, was ich wollte, und der statt 200 Euro nur 85 Euro kostete, und dann kaufte ich den. In England. Ja. Ich fand mich klug. Gestern kam dann die Nachricht von dhl, dass noch Zoll anfiele, oder Steuern, oder was auch immer, jedenfalls musste ich den Anzug für 31 Euro beim Zoll auslösen, und dann war ich ein wenig beleidigt, eventuell in erster Linie über mich selber, oder sagt man wegen mir selber, ich weiß es nicht, jedenfalls war der Superschnapp jetzt etwas weniger super, na gut. Als ich ihn gerade anzog, stellte ich dann fest, dass er völlig unerwartet etwas groß ist. Was schlecht ist, ich hatte noch mit Frau Klugscheißer zu dem Thema gesprochen, und sie beschrieb zu weite Anzüge als Durchlauferhitzer. Wenn ich mir jedoch jetzt vorstelle, dass ich nicht nur den ganzen Zollprozess erst verstehen und dann rückgängig machen muss, um dann auf eigene Kosten den Anzug zurück nach England zu schicken und dann einen etwas kleineren zum vollen Preis zu kaufen, erscheint mir die einfachere und freudvollere Variante, dass ich jetzt bis Ende Juni sehr viele Puddingteilchen esse und dem Anzug einfach meinerseits entgegen komme.
>

... link


Freitag, 31. März 2023
31.03.2023
Heute war ein anstrengender Tag, aber irgendwie komisch gut anstrengend, ich muss mich nach drei Jahren Mittagessen am Schreibtisch erst mal gewöhnen an andere Formen von Anstrengend. Morgens ging es erst einmal sehr in Zeitlupe los – Jonathan hatte erst zur 3. Stunde Unterricht, ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass wir versuchten, uns zu erinnern, wann er das letzte Mal Unterricht nach Stundenplan hatte, und wenn wir jetzt nicht wirklich sehr viel vergessen haben, dann kam das in diesem Kalenderjahr noch nicht vor. Ich meine, mich zu erinnern, dass Mittelstufenschüler nur eine Stunde Entfall an den Rändern haben dürfen, aber seien wir mal ehrlich, wenn nicht, ist uns das auch egal. In der Grundschule, mit zwei Jobs außer Haus, hätte uns das alles zerschossen. So haben wir lediglich abends ein sehr gut gelauntes Kind, weil nach Essen ja Schlafen an Stelle 2 der wachstumsbegleitenden Lieblingsaktivitäten steht. Mir soll’s recht sein, aber drei Monate ohne einen Tag Regelunterricht, das könnte man schon mal thematisieren, wenn man wollte. Will ich aber nicht, alles ist gut.

Dann war ich morgens mit Herrn H. beim Makler. Jetzt bitte nicht aufregen, wir versuchen die ganze Zeit ja schon, dass wir uns nicht aufregen, aber eigentlich war nun wirklich nicht geplant, dass wir dieses Jahr bei irgendeinem Makler sitzen, aber eventuell habe ich aus Versehen mitgekriegt, dass das Haus, in dem wir gerne alt werden würden, verkauft wird, und naja, ich würde zwar erst in 25 Jahren umziehen wollen, aber wenn es jetzt verkauft wird, dann muss man halt jetzt nachdenken. Es gibt sehr viele Wenns und Abers, aber irgendwie ist keins davon gut genug, um uns final abzuschrecken. Aber sagen wir mal so: Wenn ich demnächst zwei Altbauten mit einer Wärmepumpe versehen müsste, wäre ich schlecht gelaunt, aber wie das nun mal so ist bei uns, machen wir erstmal eine Excelliste, und dann sehen wir weiter.

Und dann habe ich eine Aktivität verfolgt, die auf dem Papier wie der absolute Horror scheint, allerdings war es erstaunlich nett, ich bin mit roten Preisen sehr einfach zu kriegen, aber das weiß ich schon sehr lange. Ich bin mit meinem Sohn und meiner Mutter ins Esprit-Outlet gefahren, um sie dort für die Konfirmation einzukleiden. Eigentlich wollte in erster Linie meine Mutter dorthin, sie war nämlich 1992 mal mit mir dort, und da hat sie sich einen gestreiften Hosenanzug gekauft und so einen Pullover, und das war wirklich sehr schön, vielleicht könnten wir noch mal gucken, ob es da noch Pullover gibt. Das Kind hingegen wollte unbedingt einen Anzug für die Konfirmation kaufen, aber keinesfalls einen, den jeder hat, und seien wir ehrlich, den trägt er nie mehr, nächstes Jahr passt da nix mehr von, aber gut. Ich hatte geguckt, was man wohl bei Hennes oder so für so einen Herrenanzug bezahlt, dann wollte Oma ins Outlet und dann kamen die Dinge sehr günstig zusammen, und dann war auch noch Mid-Season-Sale, und jetzt hat er ein Sakko, eine grasgrüne Hose und ein grasgrünes Hemd für zusammen 45 Euro, das ist dann wieder gut, wenn man morgens beim Makler war. Schön war der Moment, ich gebe es zu, als ich mein Kind – er ist gerade körperlich top in Schuss und hat Optimalmaße – erstmals im Anzug sah. Ich hoffe, er macht eine Banklehre, er kann das sehr gut tragen. Wie meine Mutter sagte: „Das macht auch eine sehr gute Figur“, wobei sie da natürlich die Dinge verwechselt. Es gibt Körper, dazu gehört zum Beispiel meiner, da muss man hoffen, dass etwas eine gute Figur *macht*, und dann gibt es Körper, die einfach eine gute Figut *haben*, dann muss der Schnitt nur noch irgendwie gut sein und zack, sieht man gut aus. So ist das halt, ich kenne das von Hörensagen.

Jedenfalls fand meine Mutter dann noch eine pinkfarbene Hose und mehrere pinkfarbene Shirts und ein Nadelstreifen-Jackett, und ich fand noch einen knallroten Trenchcoat, und dann kauften wir all diese Dinge für den Preis eines Anzugs bei Hennes, naja, und dann standen wir an der Kasse und mein Kind sagte: „Naja, dann sieht man uns wohl aus dem Weltall.“ Wenn er jetzt noch übt, bis zur Konfirmation zu sagen „aus dem Himmel“, dann sind wir bestens vorbereitet.
>

... link


Donnerstag, 30. März 2023
30.03.2023
Ich habe heute etwas gemacht, was ich sonst nie mache, und ich weiß nicht einmal, warum, das verunsichert mich ein wenig. Mein Kind spielte eine maßgebliche Rolle darin, das verunsichert mich ebenso, aber ich bin jetzt zu beschwert, also innerlich, um das zu Ende denken zu können. Ich habe übrigens neulich im Internet gelernt, dass das Wort zuende nicht existiert, ich war zeitlebens, also seit ich digital schreibe, darüber erbost, dass das immer in zünde autokorrigiert wird. Man schreibt es auseinander. Zu Ende. Das erbost mich noch viel mehr, für mich sind zuende und zu Ende semantisch zwei völlig unterschiedliche Dinge, und statt das H beim Thunfisch zu streichen, hätte man da ja mal drüber nachdenken können, aber Rechtschreibung muss keiner linguistischen Logik unterliegen, das wissen wir spätestens, seit irgendeine Kommission befand, dass Albtraum mit b und nicht mit p geschrieben werden muss, Auslautverhärtung hin oder her. Jedenfalls ist es so, dass ich das Wort zuende sehr häufig benutze, das sagt wahrscheinlich mehr über mich als über den Duden, und wenn Sie demnächst das Wort in einem meiner Texte sehen, dann wissen Sie, dass folgendes passiert ist: Ich schreibe: zuende ach nein, das Wort gibt es ja gar nicht, so ein Unsinn, aber gut, Rechtschreibung ist an vielen Stellen Unsinn, zu Ende.

Jedenfalls hatte Herr H heute Bürotag, und Ona und ich fuhren zu einem Gartenmarkt, weil er irgendeine ganz besondere Erde brauchte, weil er meiner Freundin einen Monstera-Ableger ziehen sollte, das klappte nicht, dann recherchierte er und kam zu dem Entschluss, dass er irgendein Zeugs dafür braucht, das etwa soviel kostet wie eine Monstera, und dann kauften wir das natürlich, dabei überlegten wir, was man abends essen könnte, und da wir beide Hunger hatten, wäre wirklich jedes Ergebnis möglich gewesen, dann zählten wir uns gegenseitig Mahlzeiten und ihren ernährungsphysiologischen Wert auf, dann erzählte ich aus meiner Kindheit, als die Wahl der Gerichte durch meinen Vater getroffen wurde, dem wirklich vollkommen egal war, ob die anderen Menschen das auch heute essen wollten, und wie viel besser unser System ist, und dann sollte ich Gerichte "von früher" aufzählen, und dann ging Ona zum Training und ich musste stundenlang Frikadellen mit Erbsen und Erbsen und Möhren und Kartoffeln kochen. Ich habe noch nie Frikadellen gemacht, und als ich las, wie man die herstellt, war ich etwas abgestoßen, stellte aber fest, dass das Kneten ja einfach die Küchenmaschine übernehmen könnte, danach war die gesamte Küchenmaschine mit rohem Ei und Hack versaut, wirklich überall, und das Ergebnis sah vollkommen unansprechend aus, im Speisefön dauerte das dann Stunden, ich hätte bis morgen früh in der Küche gestanden, wenn ich nicht entschieden hätte, einfach 16 Frikadellen im Ofen zu machen, denn Braten mit Spritzfett und allem sah ich für mich nicht.

Dann bekam ich auf Mastodon den Hinweis, man müsse unbedingt das rohe Hack mit den Händen kneten (ausgeschlossen wegen bah), ganz zur Not könne man auch ein Handrührgerät benutzen. Ich sehe es so: Ich kann natürlich einfach beschließen, dass ich mit 46 das erste und das letzte Mal in meinem Leben Frikadellen gemacht habe. Das ist jetzt erst einmal die naheliegendste Lösung. Ganz zur Not könnte ich natürlich ein Handrührgerät benutzen, aber die Not könnte ich mir ausschließlich so vorstellen:

Armageddon. Die Welt steht am Abgrund, alles ist weg, wahrscheinlich Klimawandel oder Atomkrieg. Überlebt habe ich, vielleicht noch ein paar andere Menschen, und Schweine und Rinder, damit man gemischtes Hack herstellen kann. Nein, das ist schon gar nicht realistisch, wenn es nur noch Schweine und Rinder gäbe, würde ich als letzte Überlebende nicht entscheiden, daraus Hack zu machen. Also noch mal neu: Es gibt nur noch gemischtes Hackfleisch, weil alles kaputt ist, bis auf eine sehr, sehr große Industrielocation, in der sich mehrere Tonnen gefrorenes und vorportioniertes gemischtes Hackfleisch befinden. Ich werde auf die Situation aufmerksam, und da es keine Pflanzen oder Tiere mehr gibt, weiß ich, dass das einzige auf der ganzen Welt, das ich noch essen könnte, dieses Hack ist, und da es keine Nudeln gibt und keine Burgerbrötchen, entscheide ich, Frikadellen zu machen. Und dann - ja, dann - würde ich wahrscheinlich die Entscheidung treffen, die Frikadellen mit einem Handrührgerät zu kneten. Den Gedankenstrang stört jetzt ein wenig, dass ich ja ein altbackenes Brötchen und Ei bräuchte, und wenn ich das hätte, würde ich vermutlich einfach das essen, keine Frikadelle, aber gut, das jetzt mal beiseite gelassen. Das wäre jedenfalls eine Situation, da würde ich diese Option ziehen.
>

... link