Freitag, 25. Dezember 2020
All I want for Christmas is my two front teeth
Schenken finde ich ja insgesamt eine schwierige Angelegenheit, und wenn das Ziel nicht ist, ein möglich schlechtes Geschenk zu machen, dann setzt mich das Schenkenmüssen sehr unter Druck. Andererseits möchte ich selber nur entweder wirklich schlechte Eventgeschenke von Frau N bekommen, oder etwas sehr Gutes, da kann man aber schnell daneben liegen, zumal es auch einen Überraschungseffekt geben muss, da ich üblicherweise Dinge kaufe, wenn ich sie wirklich haben möchte. Ich muss also theoretisch etwas wirklich haben wollen, ohne es zu wissen, damit ich vollumfänglich gut beschenkt bin. Kein leichtes Unterfangen.

Mein Mann und ich haben vor langer Zeit aufgehört, uns Dinge zu schenken, da wir keine Treffer erzielen konnten und es auch nicht wichtig war. Ich brauchte keinen weiteren Akkuschrauber, auch Schwimmkerzen finden noch immer keinen Platz in meinem Leben, er erlaubt kein Plastik, aber auch keine Schneidebrettchen, die aus sehr hübschen aber aus einem komplett unbekannten Grund anscheinend unökologischem Holz sind und deshalb noch am gleichen Abend im Müll landen, lesen tut er auch nicht, es ist einfach insgesamt zu anstrengend.

Dieses Jahr war alles einfach. Ich hatte zum Lockdownbeginn natürlich kein eines Geschenk, daher mussten Themengebiete besorgt werden um die Versandlogistik zu schonen. Da die Umstellung auf feste Seife noch in diesem Jahr final abgeschlossen werden muss und Ona gleichsam komplizierte und konkrete Ideen hatte, womit er zukünftig duscht ("Zimtseife wäre toll"), orderte ich komplizierte Seife und kam zu dem Entschluss, dass ich dem Gatten ja auch ein paar mitbestellen könnte. Dann passierte vermutlich irgendwas mit Flurfunk ("die Mama hat ein Geschenk für dich"), und so kam es, dass er Heiligmittag zwei Stunden unabgemeldet in seinem Gartenhaus verschwand und wir uns ungeplant abends gegenseitig was schenkten (offensichtlich hat er heimlich die letzte Podcastfolge gehört und entschied sich spontan für ein Eventgeschenk).

Das erklärt natürlich auch, warum ich mir zu Weihnachten einfach selber was schenke. Ich werde nicht reichlich bedacht, möchte mich aber auch freuen, und keine weiß so gut, worüber ich mich freue, wie ich selber.

Ich muss jedenfalls ein wenig ausholen, um die Relevanz meines Weihnachtsgeschenks 2020 erklären zu können. Es ist ja bekannt, dass ich sehr für das Theater brenne. Das ist auch schon immer so gewesen, und die Evolutionsbiologie hat es ja so eingerichtet, dass man sich gerade zu Beginn einer Beziehung ganz besonders für die Themen der anderen Person interessiert, in diesem Fall also Literatur und Theater. Wir gingen drei Jahre lang bei allen sich bietenden Gelegenheiten ins Theater, wann immer ich etwas Interessantes fand, fragte ich kurz nach, "sollen wir da hingehen?" - "Ja, super, toll, hurra, auf JEDEN Fall möchte ich die Dreigroschenoper in der 4 Stunden Version sehen" und schon saßen wir in Reihe 1.

Auf wundersame Weise begab es sich aber, dass in der Sekunde, in der ich einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielt, der Mann beschloss, dass er in diesem Leben nie mehr ein Theater von innen sehen möchte. Ich erzählte von Ildiko von Kürthy, gut, die Veranstaltung war wirklich schlecht, aber mich hochschwanger dort hinzukarren um dann vor der Tür zu sagen "och, geh doch lieber mit der mittelgeschätzten Schwägerin" war gleichsam unelegant wie richtungsweisend. Dieses Kapitel haben wir vor 12 Jahren abgeschlossen, die Geschenke eventuell vor 10 oder 9.

Gestern schenkte mein Mann mir einen Gutschein für zwei Karten fürs Schauspielhaus. Postpandemisch. Verstanden habe ich das erst nicht, denn weder schenken wir uns etwas, noch gehen wir gemeinsam ins Schauspielhaus. So war es aber auch nicht gemeint. Ich soll mit jemandem ins Schauspielhaus gehen, mit dem ich ins Schauspielhaus gehen möchte. Und wenn ich niemanden finde, geht er zur Not mit mir. Fast poetisch.

Ich hab aber jemanden gefunden. Ich biete des Künstlers Frau die Gelegenheit, das einst von mir geschenkte Krimidinner zu tauschen gegen Krimi plus Dinner.

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Donnerstag, 24. Dezember 2020
Adventskalender. Vierundzwanzigstes Türchen


Zack! Vorbei!

Ich kann Ihnen nicht sagen, wie erleichtert ich bin. Und ein bisschen stolz auf uns, denn ich habe streckenweise nicht mehr gesehen, dass wir das fertigkriegen, zum Beispiel an Tag 1. Und ein bisschen erstaunt, dass Sie so tapfer zugehört haben, wo es doch eigentlich um nix ging. Über 1000 Hörer:innen pro Tag, Frau N hatte ursprünglich mit "naja, so 40 oder 50" gerechnet, extrem schlecht für das Bruttosozialprodukt, fürchte ich. Und *sehr* erfreut über die Zuschriften, Mentions, Alkoholika. Wir stellen fest, dass so ein Podcast anscheinend sehr nahbar macht, aber wer zugehört hat, weiß ja: Aus der Distanz sind wir sehr interessiert, kommen Sie alle ;-) Zurückmailen kann ich leider nicht, ich habe 2010 das Passwort für den Mailaccount verloren und kriege die auf den Klarnamen weitergeleitet, Sie verstehen. Und ein bisschen interessiert daran, wie es wohl kommt, dass die allermeisten Zuschriften beginnen mit "Ich höre ja nie Podcasts, aber". Frau N hat es gestern schon mit Ihnen diskutiert. Wenn sie nicht immer beim Hören einschlafen würde, gingen wir davon aus, dass es sich gar um etwas anderes gehandelt haben könnte.

Vielen Dank. Es war uns eine Freude.

Den Adventskalender-Podcast fanden Sie unter herzregen.novemberregen.de oder durch Klick oben auf das Bild.

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Mittwoch, 23. Dezember 2020
Adventskalender. Dreiundzwanzigstes Türchen


Vorfinal. Mannmannmann. Und auf dem letzten Meter lasse ich mich von unmotivierten Anflügen dazu verleiten, unpräzise zu formulieren und im Zweifelsfall das Weltwissen zu verkleinern, wo ich doch einst angetreten bin, um es zu vergrößern...

Punkt 1, Kausalität versus Korrelation. Da hatte ich auf die Schnelle keine Lust drauf, habe ich jetzt auch nicht, aber zwei kleine Sätze und ein Beispiel müssen drin sein:

Korrelation beschreibt die gemeinsame Entwicklung zweier Variablen. Zwischen den beiden besteht irgendein Zusammenhang, was aber nicht zwingend bedeutet, dass dieser auch untereinander besteht. Manchmal entwickeln sich zwei Variablen parallel, ohne dass es einen Zusammenhang gibt, wie zum Beispiel hier, eine meiner Lieblingsseiten. Das darf man nie vergessen: Manchmal gibt es ja sogar Zufall. Oder Gott.

Kausalität beschreibt einen Sonderfall der Korrelation, nämlich den, in dem eine Variable die andere direkt beeinflusst, weshalb die beiden sich abhängig voneinander entwickeln. Kausalität kann man sehr oft nicht gut verargumentieren, weshalb ich dazu rate, wenn man sich nicht ganz sicher ist, einfach auf Korrelation auszuweichen. Manchmal entwickeln sich Variablen nämlich parallel, da beide auf eine dritte Variable reagieren, und die wird oft übersehen. So besteht zum Beispiel *keine* Kausalität zwischen Schuhgröße und Gehalt, auch wenn wir über den Daumen gepeilt sagen können: Je größer die Füße, desto höher das Gehalt. Die dritte Variable ist hier das Geschlecht: Männer haben größere Füße als Frauen, und Männer verdienen im Schnitt mehr als Frauen. Das Gehalt wird aber nicht über die Schuhgröße beeinflusst, sondern über das Geschlecht, genauso wie die Schuhgröße über das Geschlecht beeinflusst wird. Take away: Wenn man sich nicht 100% sicher ist, kann man besser auf Korrelation ausweichen. Oder sich ein anderes Smalltalk Thema suchen.

Und wo wir gerade bei Prozent sind:
Hier habe ich den wichtigen Teil leider erst ganz am Ende gesagt, das war ein bisschen ungünstig. Sie können natürlich ganz oft Prozent statt Prozentpunkte sagen, und das wird auch oft richtig sein. Wo es sehr oft schief geht, sind Wahlergebnisse, in denen erklärt wird, dass Person X 5 Prozent vor Person Y gelandet ist. Hier muss man Prozent*punkte* sagen. Beispiel:

Kandidat A hat 40% der Gesamtstimmen erreicht, Kandidat B 50% der Gesamtstimmen. Wenn man jetzt sagt, dass B 10% mehr Stimmen hat als A, ist das schwierig formuliert, denn A hat 40% der Gesamtstimmen, 10% davon wären 4, Kandidat B hat aber 50%, nicht 44% der Gesamtstimmen. Darum sagen wir Prozentpunkte, die beziehen sich auf die 100%, da machen Sie nichts falsch. Alternativ können Sie natürlich auch sagen, dass Kandidat B 25% mehr Stimmen hat als Kandidat A, aber jetzt verlieren wir uns in der Materie.

Den Adventskalender-Podcast finden Sie unter herzregen.novemberregen.de oder durch Klick oben auf das Bild.

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