Dienstag, 6. April 2021
Peek-a-boo (keine Ahnung, wo der herkam)
Es schneit, ich hänge mit der Arbeit so weit hinterher, dass ich vor lauter Ohgottohgott gar nicht mehr arbeiten kann, es ist immer noch Pandemie, es ist immer noch Lockdown, der eigentlich in Gänsefüßchen muss, weil man alles, was doof ist, ja weiter macht und nur das, was total sinnlos als Pandemiebekämpfungsalleinmittel ist, dafür aber Spaß macht, weiterhin verboten bleibt, ich bin auf mehreren Ebenen in großer Sorge, und das Einzige, was mir da jetzt zur Ablenkung noch einfällt ist die Bestellung eines neuen Autos. Check. Das nervt natürlich immens, weil dauernd eine Auswahl getroffen werden muss (Fahrzeugfarbe: schwarz. Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie ein nichtschwarzes Auto gefahren, damit fange ich jetzt auch nicht mehr an), bei vielen Wahlmöglichkeiten würde mir die Entscheidung ja sehr leicht fallen, da es aber immer vollkommen sinnlose und produktionsabhängige Faktoren gibt (wenn Sie die Business-Telefon-XY wollen, dann nur in Kombination mit roten Nähten in den Sitzen, die kosten noch mal 1000 Euro extra), das macht mich irre, das untergräbt nämlich meine standardisierte Entscheidungsfindungsmatrix. Ich möchte mich bitte nur mit relevanten Entscheidungen beschäftigen, nicht mit irgendwelchen Nupsis und Schaltwippen und Felgen, die ich leider mitbestellen muss, wenn ich einen Rückfahrsensor haben möchte.

Wenn man aus dem Volvo kommt, ist man ja ganz viel Assistenzquatsch gewöhnt, den gibt es in dem Umfang leider nicht, ich werde das sehr vermissen. Immerhin hat das jetzige Auto mich gelehrt, beim Spurwechseln den Blinker zu setzen, egal, ob das jemand sieht oder nicht, sonst würde nämlich keine Spur gewechselt. Etwa 10 Mal in den zwei gemeinsamen Jahren performte das Auto ungefragt eine Vollbremsung, einmal hat es eventuell damit mir und Ona das Leben gerettet, dafür bin ich sehr dankbar. Die anderen 9 habe ich ihm nicht übel genommen, erstens ist man anschließend schön wach, zweitens dachte ich ja immer, dass das Auto das dann auch macht, wenn es drauf ankommt, und irgendwann war der Moment dann da. Sehr übel genommen habe ich das unrhythmische Blinkgeräusch, ich habe das mehrfach erwähnt. Es sind die kleinen Dinge, die über eine gemeinsame Zukunft entscheiden. Wer arhythmisch blinkt, hat unter mir nichts zu suchen. Da bin ich hart.

Also ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Ich muss mein sehr ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis ein wenig anpassen. Ich brauche nicht so viel Panzer um mich rum, und ich kann auch aufpassen und selber bremsen. Soviel Autarkie muss möglich sein, ich bin ja erwachsen. Zudem will ich nicht mehr so viel Brennstoff verbrennen, und ja, ich habe alle Diskussionen über alternative Antriebe mit dem Ökologen, der hier wohnt, geführt, man muss aber andererseits auch rationale Entscheidungen treffen, und mit dem Auto in Urlaub fahren, weil man ja nicht fliegt und und und. Dann halt Hybrid. So ist das dann jetzt. Und in klein. Der Hund wird sehr traurig sein, andererseits soll sie froh sein, dass sie überhaupt mitgenommen wird, wer so Scheiße an der Leine läuft, bleibt bei weniger netten Frauchen sowieso zuhause.

Eine Sache muss jetzt noch gelöst werden. Das Auto wird in 3 Monaten in Seevetal abzuholen sein, dabei muss ich mein ganz altes Auto zum Verschrotten eintauschen. Mein ganz altes Auto hat aber keinen TÜV mehr, und das jetzt über den TÜV zu bringen für eine Fahrt... Sie kennen sich doch immer alle gut aus. Gibt es Verschrottungsfahrtkennzeichen oder Ähnliches?

Und jetzt bitte alle Daumen drücken, dass wenigstens das Wetter sich wieder erholt. Das Auto war die letztmögliche Eskalationsstufe.

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Sonntag, 4. April 2021
If
Sie können mich ja jetzt alle für hysterisch halten, ich lebe damit. Aber ausgelöst durch eine gewisse Grundunentspanntheit in den letzten Wochen, dem Bewusstsein, dass einem auch wirklich sehr doofe Dinge im Leben passieren können und dann nicht zuletzt noch einem Tweet habe ich heute auf dem kleinen Dienstweg meinen Nachlass geregelt. Also eher, was ich zurückließe, wenn der Gatte und ich aus Versehen beide Covid-19 hätten und beide ins Krankenhaus müssten (oder vor einen Baum führen. Oder vom Meteoriten getroffen würden). Finden Sie makaber? Beileibe nicht. Ich prävisualisiere, das mache ich in schwierigen Situationen so, und das gibt mir die innere Ruhe, dass ich ja dann genau weiß, was passieren würde, wenn X. Tritt X nicht ein: Umso besser. Träte X doch ein, wäre das dann für mich ein Problem, für alle anderen aber nicht, und das beruhigt mich ungemein.

Stellen wir uns also kurz vor, Vater und Mutter Herzbruch wären beide zeitgleich krankenhauspflichtig malade. Wäre Ona positiv aber fit, bliebe er erst eine Zeit zuhause, unter Beobachtung der geimpften Oma, die ja nebenan wohnt und sich mit Vorsichtsmaßnahmen kümmern könnte, bis er nicht mehr ansteckend wäre. Dann käme Frau N ins Spiel, die Kind und Hund (und meine Schuhe, die hat sie geschickt mitverhandelt) abholte und erstmal versorgte, bis wir entweder fit sind, oder halt nicht, und dann versorgt sie halt immer. Sie prävisualisiert bereits einen Umzug, man braucht dann ja mehr Platz, aber wir sind gut versichert. Und die Biokiste müsste zweimal die Woche kommen, mein Kind isst große Mengen. Die Eingangsfrage beschäftigte sich übrigens nur mit dem Kind, allerdings kam zwei Stunden später noch der Hinweis, dass der Hund dann aber auch ihrer sei. Nun gut. Es tut mir leid, Internet, der tolle Hund ist bereits weg. Der Kater würde bei der Oma bleiben, die haben ein ähnliches Aktivitätslevel und verstehen sich seit vielen Jahren sehr gut.

Damit ist das jetzt alles geklärt. Und ich kann ein weiteres Stück entspannen. Meistens ist es ja auch so, dass die Dinge, deren eventuelle Folgen man haarklein durchplant, dann auch gar nicht eintreten. Und das wäre ja super.

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Samstag, 3. April 2021
I'm speaking
Ich wollte einen langen Beitrag über den Talkshow-Auftritt von Melanie Brinkmann schreiben, aber ich habe keine Lust. Nach 20 Jahren im Job habe ich keine Lust mehr. Ich habe zig solcher Situationen erlebt, ich habe gegengehalten, ich habe jahrelang geübt, wie man ruhig das Wort behält, ich habe mich fulminant gegen alte Männer in Diskussionsrunden verteidigt, um dann hinterher in der Mittagspause am Buffet zu stehen und zu hören, dass hinter mir darüber diskutiert wird, ob ich wohl im Bett auch so feurig sei, bin "Mädchen" genannt worden, bin ironisch "Frau Professor" genannt worden, bin abfällig "die junge Kollegin" genannt worden, bin von Berufungskommissionsvorsitzenden gefragt worden, wie ich mich als Frau denn durchsetzen wollen würde, und alles in allem macht mich das nur noch müde. Mit 25 habe ich noch vehement behauptet, dass das Problem vermutlich bald erledigt sein wird, weil die Fossile ja jetzt aussterben, aber jetzt bin ich 44, und die Situation ist unverändert. Schade.

Vor zwei Wochen war mal wieder mein regelmäßiger Gremientermin, bei dem diese Art von Verhalten den sehr wenigen Frauen in der Runde gegenüber ganz üblich ist. Bereits in der Check-In Runde war klar, dass ich mal wieder einen längeren Wortbeitrag leisten werden muss, als späte Reaktion auf den Kollegen, der die Runde mit der anekdotischen Information begann, grundsätzlich nicht mehr mit so hormonellen und zickigen Frauen arbeiten zu wollen, und ich habe meine Gelegenheit zur Validierung seiner Theorie genutzt. Anschließend haben mehrere Damen mich angeschrieben, um zu fragen, was denn so meine Tips in solchen Situationen sind.

Ich habe keine. Ich kann nur sagen, was ich in 20 Jahren gelernt habe. Ich lasse mir in einer fachlichen Diskussion nie das Wort abschneiden. Und das ist meines Erachtens der wichtigste Schritt. Wenn ich unterbrochen werde, sage ich "Ich rede noch", wenn das nicht hilft, sage ich "Stop", und wenn das nicht hilft, hebe ich die Hand und sage "Stop". Das funktioniert immer, der Trick ist aber, dann nahtlos weiterzusprechen, das musste ich üben. Und nicht das Wasserglas zu nehmen, wenn man nämlich zittert, wirkt das auch wieder unsouverän. Keine offene Flanke bieten.

Männer, die hier mitlesen, sind bestimmt alle toll, daran habe ich keinen Zweifel. Die würden das nie machen. Die zwei Männer, mit denen ich am allerengsten zusammenarbeite, habe ich übrigens beide kennengelernt in einer Situation, in der sie mir ungebremst und sehr bestimmt zur Seite gesprungen sind und einem Fossil ordentlich eine mitgegeben haben. Sollten Sie irgendwann mal daneben sitzen, wenn eine Frau in einer professionellen Situation dafür belächelt wird, dass sie auch mal kurz etwas sagen möchte: Das ist Ihr Moment. Sie wird keine Hilfe brauchen. Aber sie freut sich über Allianz.

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